Nahles zeigt sich offen für Korrekturen Bundestag diskutiert über Rentenpaket

Berlin · Mit dem Rentenpaket hat das erste große Gesetzesvorhaben der Koalition den Bundestag erreicht. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) nennt es gerecht und solidarisch. Die Opposition ist vom Gegenteil überzeugt und kritisiert die hohen Kosten.

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Foto: dpa, Klaus-Dietmar Gabbert

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat die Rente mit 63 und die Erhöhung der Mütterrenten im Bundestag verteidigt. Zugleich kündigte sie am Donnerstag in Berlin an, sie wolle verhindern, dass das Gesetz für Frühverrentungen ausgenutzt werde. Dies werde Thema der parlamentarischen Beratungen sein. Die Befürchtung ist, dass Firmen Arbeitnehmer drängen, die neuen Regelungen zu nutzen, um mit 61 aus dem Beruf auszuscheiden und nach zwei Jahren Arbeitslosengeld ohne Abschläge in Rente zu gehen.

Gewerkschaften und Sozialverbände begrüßen das Gesetz

Mit dem Rentenpaket hat das erste große Gesetzesvorhaben der schwarz-roten Koalition den Bundestag erreicht. Nahles zeigte sich stolz und zufrieden: "Wir halten Wort." Die Lebensleistung vieler Frauen und Männer werde nun anerkannt. Gewerkschaften und Sozialverbände begrüßten das Gesetz, die Wirtschaft erneuerte ihre Kritik.

Die Regelungen sollen im Mai verabschiedet werden und zum Zeitpunkt der nächsten Rentenerhöhung Anfang Juli in Kraft treten.
Der Entwurf sieht vor, dass Mütter, die ihre Kinder vor 1992 bekommen haben, ein Erziehungsjahr mehr anerkannt bekommen. Davon profitieren knapp zehn Millionen Frauen. Sie bekommen dann Rente für zwei Erziehungsjahre. Frauen mit nach 1992 geborenen Kindern werden allerdings drei Jahre angerechnet.

Rentenpaket kostet zwischen neun und elf Milliarden Euro

Arbeitnehmer, die 45 Jahre lang Beiträge gezahlt haben, sollen mit 63 ohne Abschläge in Rente gehen können. Die Altersgrenze soll nach und nach auf 65 Jahre erhöht werden. Kurzzeitige, auch mehrfache Arbeitslosigkeit soll in die Beitragzeit eingehen - die Union will allerdings eine Begrenzung auf fünf Jahre. Außerdem sind die Erhöhung der Erwerbsminderungsrenten um rund 40 Euro monatlich und mehr Geld für Reha-Leistungen vorgesehen.

Das Rentenpaket kostet vom kommenden Jahr an zwischen neun und elf Milliarden Euro jährlich, davon gehen 6,5 Milliarden pro Jahr in die Mütterrenten. Die Ausgaben summieren sich bis 2030 auf rund 160 Milliarden Euro.

Grüne und Linke kritisieren die Rentenpläne

Nahles betonte, die Verbesserung der Mütterrenten und die Rente mit 63 seien gerecht und solidarisch. Die Mehrheit der Jüngeren finde es "in Ordnung", so Nahles, "dass wir das für ihre Großmütter, Mütter und Väter tun."

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt nannte das Rentenpakt hingegen "ungerecht und zukunftsvergessen". Es werde nur die Lebensleistung bestimmter Gruppen anerkannt. Die Regierung solle lieber die Altersarmut bekämpfen, doch dazu enthalte das Paket nichts. Die Jüngeren, die für die Kosten aufkommen müssten, könnten nicht auf eine vergleichbare Rente hoffen, kritisierte Göring-Eckardt. Das untergrabe das Vertrauen in die Rentenversicherung.

Der rentenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Matthias W. Birkwald, würdigte die Absicht der Regierung, Renten zu verbessern. Bisher sei es immer nur um Kürzungen gegangen. Das Rentenpakt sei aber "schlecht gemacht", kritisierte er. Rentner im Osten Deutschlands blieben benachteiligt, die Altersarmut werde nicht bekämpft. Das Rentenniveau werde weiter sinken. Eine Rente von 1.000 Euro betrage 2030 nur noch 810 Euro, rechnete Birkwald vor.

Wirtschaft bezeichnet Pläne zur Rentenreform als "schlimmen Rückfall"

Der Sozialverband VdK begrüßte das Rentenpaket, kritisierte aber, dass es den Menschen, die auf die Erwerbsminderungsrenten angewiesen sind, nicht aus der Armut helfe. Dafür müssten die Abschläge auf diese Renten abgeschafft werden, sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Insgesamt müsse das Rentenniveau wenigstens auf dem heutigen Stand gehalten werden, forderte Mascher. Der DGB erneuerte seine Forderung, die Mütterrenten aus Steuergeldern zu finanzieren. Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte, es dürften nicht die Reserven der Rentenversicherung verspielt werden. Sie betragen gegenwärtig rund 30 Milliarden Euro.

Aus der Wirtschaft kam einhellig Kritik am Rentenpaket. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer kritisierte es als "schlimmen Rückfall". In nur fünf Jahren werde das Rentenpaket die gut gefüllten Kassen der Rentenversicherung leeren. Die Mehrheit der Beitragszahler profitiere nicht von den zusätzlichen Leistungen, müsse sie aber bezahlen, so Kramer. Der Verband der Jungen Unternehmer und der Junge Wirtschaftsrat der CDU kritisierten, die Koalition provoziere einen Generationenkonflikt. Der Verband der Familienunternehmer erklärte, die Rente mit 63 sauge ihren Betrieben die Fachkräfte ab.

(AFP)
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