Bundestagsausschüsse Union verliert vier lukrative Posten

Berlin · Der Bundestag setzt die Fachausschüsse ein. Union und SPD haben dieses Mal weniger lukrative Posten zu vergeben. Das Königsgremium fällt wohl an die AfD.

 Sitzung des Deutschen Bundestages (Archiv).

Sitzung des Deutschen Bundestages (Archiv).

Foto: dpa

Der Bundestag hat einstimmig den Startschuss für die eigentliche parlamentarische Arbeit gegeben und die Bildung der ständigen Ausschüsse beschlossen. Erstmals in seiner Geschichte wartet das Parlament nicht mehr, bis die Regierung zu Potte kommt, um die Fachausschüsse spiegelbildlich zu den Ministerien aufstellen zu können. 23 Fachausschüsse werden in der nächsten Woche gebildet — und auch deutlich mehr Mitglieder haben. Allerdings sind die großen Fraktionen in den gewachsenen Gremien zugleich geschrumpft. Der Einzug der relativ starken zusätzlichen Fraktionen von AfD und FDP macht sich hier bemerkbar.

Und er bewirkt, dass Union und SPD deutlich weniger lukrative Posten in Form von Ausschussvorsitzenden zu vergeben haben. In der vergangenen Wahlperiode hatte die Union noch in zwölf Ausschüssen den Hut auf, künftig stehen ihr nur noch acht zu. Auch die SPD verliert zwei Chefposten im Parlament und übernimmt die Leitung nur noch in fünf Fachausschüssen. Der erste Versuch, sich vorab auf eine Absprache der Ausschussbesetzungen zu verständigen, scheiterte am Einspruch der SPD. Für sie hat der Haushaltsausschuss herausragenden symbolischen Wert.

Traditionell ist das Haushaltsrecht eines der wichtigsten Aufgaben parlamentarischer Kontrolle und Kompetenz. Der "Königsausschuss" ist daher der Haushaltsausschuss, dessen Vorsitz deshalb auch von der größten Oppositionsfraktion übernommen wird. Weil der SPD-Parteitag am Sonntag aber völlig frei über Koalitionsverhandlungen mit der Union entscheiden soll, stoppte die SPD-Fraktion sämtliche Ausschussbesetzungen: Sagen die SPD-Delegierten mehrheitlich Nein zu einer erneuten Regierungsbeteiligung, steht der SPD als dann größter Oppositionsfraktion auch der Vorsitz im Haushaltsausschuss zu. Geht es in die Regierung, ist die AfD größte Oppositionsfraktion und soll nach dem Willen der anderen Fraktionen auch von dem Gewohnheitsrecht Gebrauch machen.

Können sich die Parlamentarischen Geschäftsführer nicht auf eine einvernehmliche Ausschussbesetzung einigen, wird nach dem mathematischen Zugriffsverfahren der Mathematiker Saint Lague und Schepers entschieden. Der Größe der Fraktion folgend hat die Union dann die erste Wahl, die zweite die SPD, die dritte die AfD, dann folgen Union, FDP, Linke, Grüne und SPD, wieder gefolgt von zwei Mal Union, einmal AfD, SPD, Union, FDP und der Linken, bis von den 23 Ausschussvorsitzen acht auf die Union, fünf auf die SPD, drei auf die AfD , drei auf die FDP und je zwei auf Linke und Grüne entfallen sind.

Hinter den Kulissen arbeiten die Landesgruppenchefs bereits intensiv daran, "ihre" Kandidaten in Stellung zu bringen. So dürfte die NRW-CDU ein großes Interesse daran haben, dass aus ihren Reihen Norbert Röttgen wieder dem Auswärtigen Ausschuss und Ansgar Heveling wieder dem Innenausschuss vorsitzen. Aber ob die Union die beiden Ausschüsse auch "ziehen" kann und ob die anderen Landesgruppen der NRW-CDU so viel wieder zugestehen, ist noch offen.

Die AfD könnte neben dem Haushaltsausschuss auch am Verteidigungsausschuss und am Kulturausschuss interessiert sein. Aber auch in ihren Reihen ist noch nicht entschieden, welche Abgeordneten dafür aufgeboten werden. Zudem könnte die Ausschussverteilung relativ kurze Haltbarkeit haben. Wenn die Regierung entsprechend der in Berlin zirkulierenden Gerüchte tatsächlich einen fundamentalen Umbau ihrer Ministerien vornimmt und zum Beispiel ein neues Ministerium für Wirtschaft und Digitales und eines für Verkehr und Landwirtschaft bildet, wird sich der Bundestag — zum Zweck der passgenaueren Kontrolle — ebenfalls mit seinen Fachausschüssen neu aufstellen.

Ein Gremium wird indes bleiben: Das an diesem Donnerstag beschlossene Parlamentarische Kontrollgremium für die permanente Überwachung der Nachrichtendienste. Hierfür bringt die Union Stephan Mayer, Armin Schuster und Patrick Sensburg an den Start, die SPD Uli Grötsch und Burkhard Lischka, die AfD Roman Johannes Reusch, Die FDP Stephan Thomae, die Linke André Hahn und die Grünen Konstantin von Notz.

(may-)
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