Koalitionssuche kommt nicht voran CDU-Politiker spricht sich für Neuwahlen aus

Berlin · SPD und Grüne sind in Sorge: Eine Koalition mit der Union könnte die eigenen Wähler vergraulen, fürchten viele. Jetzt schieben sich Vertreter beider Parteien gegenseitig den Schwarzen Peter zu.

 Für den CDU-Politiker Christian Hirte sind Neuwahlen eine denkbare Alternative.

Für den CDU-Politiker Christian Hirte sind Neuwahlen eine denkbare Alternative.

Foto: Christian Hirte

Bei der Suche nach einem neuen Koalitionspartner für CDU-Kanzlerin Angela Merkel zeichnet sich keine rasche Lösung ab. Weil sie jeweils große eigene Nachteile fürchten, wächst bei SPD und Grünen die Skepsis vor einer Regierungszusammenarbeit mit einer fast übermächtigen Union.

Vertreter beider bisheriger Oppositionsparteien empfahlen am Mittwoch der jeweils anderen Seite eine Zusammenarbeit mit CDU/CSU. CSU-Chef Horst Seehofer nannte eine große Koalition von Union und SPD eine "Frage der Logik". CDU-Vize Armin Laschet stellte eine breite Kompromissbereitschaft seiner Partei in Aussicht - und schloss auch Schwarz-Grün nicht aus.

"Sonst kriegen wir keine Koalition hin"

"Natürlich werden wir in allen Themen kompromissbereit sein müssen. Sonst kriegen wir keine Koalition hin", sagte Laschet, der CDU-Chef von Nordrhein-Westfalen ist, der Zeitung "Die Welt" (Mittwoch). Dies gelte auch in punkto Steuerpolitik: "Man weiß in der Tat nicht, was aus den Koalitionsverhandlungen herauskommt."

Im Rückzug Jürgen Trittins vom Grünen-Fraktionsvorsitz sieht Laschet ein positives Signal für mögliche Koalitionsgespräche. "Wenn die Grünen für die Zukunft personell und politisch neue Schwerpunkte setzen, erleichtert das Gespräche." Er unterstrich seine Forderung, nicht allein auf die große Koalition zu setzen und ein schwarz-grünes Bündnis nicht auszuschließen. "Ich empfehle schon, sich nicht nur auf einen potenziellen Partner festzulegen." Laschet wies auf Schnittmengen mit den Grünen hin.

Geimeinsamkeiten mit den Grünen

Auch der CDU-Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag, Peter Hauk, sieht Chancen für Schwarz-Grün. "Ich glaube, es gibt eine Reihe von Gemeinsamkeiten mit den Grünen", sagte er der dpa.

Seehofer nannte eine Koalition von Union und SPD dagegen eine "Frage der Logik". Er verwies in der "Leipziger Volkszeitung" auf die Rolle des Bundesrates bei der Gesetzgebung - CDU/CSU und Grüne hätten gemeinsam in der Länderkammer "keine einzige Stimme zusammen".

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, warnte vor Gedankenspielen über eine Minderheitsregierung der Union. "Das kann nicht funktionieren", sagte Müller der "Bild"-Zeitung (Mittwoch).

Hirte für Neuwahlen

Der CDU-Abgeordnete Christian Hirte sieht eine Neuwahl als möglichen Ausweg. "Wenn sich Rot-Grün parteitaktisch verweigern, zum Wohl unseres Landes Verantwortung zu übernehmen, muss neu gewählt werden", sagte er der Zeitung.

Grünen-Chef Cem Özdemir ging von der Bildung einer großen Koalition aus. "Vorgezogene Neuwahlen sehe ich nicht als wahrscheinlich an." Konzessionen der Union gegenüber den Grünen müssten "viel, viel größer sein" als gegenüber der SPD.

Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, der Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs, sprach sich dagegen für Schwarz-Grün aus. "Ich glaube, dass jetzt die Grünen dran sind", sagte er im ARD-Morgenmagazin. Im Sinne der Demokratie gehe das gar nicht anders: Andernfalls gäbe es 80 Prozent Regierung und nur 20 Prozent Opposition im Bundestag.

"Für mich kein Wortbruch"

Die Sprecherin des linken SPD-Flügels, Hilde Mattheis, sagte der "Leipziger Volkszeitung", die SPD könne in einer großen Koalition am wenigsten durchsetzen. Denkbare Alternativen seien neben einer Neuwahl eine schwarz-grüne Koalition oder eine Minderheitsregierung.
Auch eine rot-rot-grüne Koalition wäre "für mich kein Wortbruch".

Nach Informationen der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwoch) aus führenden Parteikreisen will die SPD für eine Koalitionsbildung bis Mitte November keinerlei Entscheidung oder Vorentscheidung treffen.
Die Parteispitze habe sich darauf verständigt, bis dahin "alles offen zu halten, ohne aber in Schockstarre zu verfallen". Vom 14. bis 16.
November trifft sich die SPD in Leipzig zu ihrem Parteitag.

(dpa)
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