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Grüne bauen "Netzfeuerwehr" auf Fake News erobern Wahlkampf

Berlin · Einige Parteien verzeichnen eine Zunahme von Falschnachrichten. Die Grünen wappnen sich mit einer "Netzfeuerwehr" – bestehend aus 2600 Leuten – gegen dreiste Lügen. Auch Facebook reagiert.

 Die Grünen haben eine "Netzfeuerwehr" aus rund 2600 grün-affinen Nutzern gegen Falschmeldungen aufgebaut.

Die Grünen haben eine "Netzfeuerwehr" aus rund 2600 grün-affinen Nutzern gegen Falschmeldungen aufgebaut.

Foto: dpa

Einige Parteien verzeichnen eine Zunahme von Falschnachrichten. Die Grünen wappnen sich mit einer "Netzfeuerwehr" — bestehend aus 2600 Leuten — gegen dreiste Lügen. Auch Facebook reagiert.

Fast jeder zweite Wähler ist laut Allensbach-Meinungsforschern einen Monat vor der Wahl noch unentschlossen. Und das macht manche Manager des Wahlkampfes nervös. Denn es bedeutet, dass nicht langfristig geförderte Überzeugungen über Sieger und Verlierer entscheiden, sondern kurzfristige Stimmungen.

Und in dieses Bindungs-Vakuum stoßen nun vermehrt erfundene oder gefälschte Nachrichten — jene Fake News, die mit emotionalisierenden "Tatsachen" Unentschlossene beeinflussen sollen.

Da ist etwa jenes im Internet enthüllte Schreiben des NRW-Innenministeriums an den "Polizeipräsidenten für Köln und Leverkusen" mit der Aufforderung, Straftaten von Flüchtlingen vorübergehend nicht mehr zu verfolgen. AfD-nahe Kreise verteilten das "Dokument" online in Windeseile. Allein die frühere CDU-Abgeordnete Erika Steinbach erreichte binnen einer Stunde schon mehrere Hundert sogenannte Retweets, also Weiterverbreitungen.

Sie war zwar vorsichtig im Konjunktiv daran gegangen ("Sollte das zutreffen, wäre es ein Verbrechen am Rechtsstaat"), verscheuchte Restzweifel an der Echtheit jedoch mit der Bemerkung, das habe sie "unter der Hand" auch von hessischen Polizisten gehört.

Das Problem dabei: Das Schreiben war eine lupenreine Fälschung. Aber sie passte prima ins Weltbild von AfD-Anhängern. Die Urheber hatten gleich doppelt Erfolg: Die erste Welle hatte gewirkt, die zweite zog das Dementi des NRW-Innenministeriums infrage. Es wird gefälscht, was das Netz hergibt.

Um dieses Problems Herr zu werden, hat Facebook damit begonnen, Nachrichten mit dem Logo des jeweiligen Mediums zu kennzeichnen. So soll die Quelle einer Nachricht, die über die Suchfunktion gefunden wurde, hervorgehoben werden; Nutzer sollen entscheiden können, welchen Inhalten sie Glauben schenken.

Dass solch ein Vorgehen nötig ist, zeigen viele Beispiele: Die AfD, die angeblich gegen das Abreißen ihrer Wahlwerbung Vorsorge trifft, indem sie Rasierklingen in den Plakaten versteckt? Fake.

Eins auf die Finger bekam etwa die Junge Union in Bayern, als sie "Martin-Schulz"-Tweets teilte, wonach er im Umfeld der G 20-Krawalle Linksextremismus als ein "aufgebauschtes Problem" bezeichnet habe. Im Kleingedruckten stand der (falsche) Twittername "therealMartinSchulz". Somit sei das als Satire erkennbar gewesen, lautete die Erklärung des CSU-Nachwuchses. Das Gericht sah das anders und drohte im Wiederholungsfall mit einer Viertelmillion Euro Ordnungsgeld.

Genau da liegt jedoch ein weiteres Einfallstor für gefälschte Nachrichten: Satire-Shows manipulieren mit Vorliebe Fotos, um witzige Botschaften zu transportieren. Im Umfeld der Sendungen ist der Satire-Charakter noch klar.

Aber herauskopiert und ohne Erläuterungen verbreitet, machen die professionell erstellten "Beweisfotos" dann noch mehr Eindruck. Jüngstes Beispiel war das Wahlplakat, das Schulz mit SPD-Generalsekretär Hubertus Heil zeigte, versehen mit der Aufschrift "Heil Schulz". Ein Fake.

Mit angeblichen Originalzitaten ihrer Spitzenpolitiker haben vor allem die Grünen immer wieder zu kämpfen. "Wir erleben seit einem Jahr, dass vor allem rechte Kreise über Facebook und andere soziale Medien Falschmeldungen über die Grünen verbreiten", berichtet Wahlkampfmanager Robert Heinrich.

Zur Abwehr haben die Grünen eine "Netzfeuerwehr" aus rund 2600 grün-affinen Nutzern aufgebaut. Die werden, so Heinrich, "immer dann mobilisiert, wenn irgendwo gefährliche Fake News auftauchen". Und sie treten in den sozialen Medien dann gegen die Falschmeldungen an.

Die Grünen haben registriert, dass die Fake News mit dem herannahenden Wahltermin zunehmen. "Wir rechnen damit, dass das in den nächsten Wochen weiter deutlich wachsen wird", lautet Heinrichs Einschätzung.

Ähnliche Beobachtungen macht Tobias Nehren, Leiter des digitalen SPD-Wahlkampfes: "In Zeiten einer Verdichtung von politischer Kommunikation, wie beispielsweise im Wahlkampf, nimmt das Fake-News-Aufkommen deutlich zu." Da wird aus dem Vater von Martin Schulz ein KZ-Aufseher, die Söhne von Justizminister Heiko Maas und SPD-Vize Ralf Stegner waren bei den G20-Krawallen dabei. Fake. Fake. Fake.

Das Medienportal Buzzfeed analysierte, dass 2015 und 2016 sieben der zehn Artikel über Angela Merkel mit den meisten Reaktionen im Netz Falschnachrichten waren. Derzeit verzeichne der CDU-Wahlkampf "keinen signifikanten Anstieg von Fake News", so ein Sprecher. "Wir wägen in jedem Einzelfall unsere Reaktion ab", erläutert der SPD-Wahlkämpfer Nehren.

Die Parteien wollen auch nicht zu Getriebenen werden. Hillary Clinton, die im US-Präsidentschaftswahlkampf Opfer vieler Fake News war, ärgerte sich hinterher, stets darauf reagiert zu haben, statt ihre eigenen Themen voranzubringen.

(bur/jd/mar/may-)
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