Solides Wahlergebnis Gysi träumt von Rolle als Oppositionsführer

Der Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, Gregor Gysi (65), strahlte am Wahlabend trotz der erheblichen Verluste seiner Partei. Das lag zum einen daran, dass er in seinem Berliner Wahlkreis Treptow-Köpenick erneut das Direktmandat gewonnen hat, wie er voller Stolz im Internet-Kurznachrichtendienst Twitter vermeldete. Zum anderen Teil tröstete sich Gysi über die Verluste mit dem Argument hinweg, schließlich hätten alle drei kleinen Parteien Stimmen verloren.

Bundestagswahl 2017: Wahlparty der Linken in Berlin
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Enttäuschung auf der Wahlparty der Linken

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Foto: dpa/Jan Woitas

Der Mann, der aus dem achtköpfigen Spitzenkandidaten-Team der Linken herausragte,verschwendete nicht einen Gedanken an eine Unions-Alleinregierung, ordnete die SPD einer großen Koalition zu und rief seine Partei zur drittstärksten Kraft im neuen Bundestag und sich zum Oppositionsführer aus.

ARD-Moderatorin Karen Miosga hielt er grinsend entgegen: "Heute Abend kriegen Sie mich nicht schlecht gelaunt." Wenn er — der damalige SED/PDS-Vorsitzende — 1990 gesagt hätte, dass diese Partei 23 Jahre später drittstärkste Kraft im Bundestag sein würde, wäre er in die Psychiatrie eingewiesen worden. "Und ich hätte mich nicht gewehrt". Mit Blick auf mögliche rot-rot-grüne Koalitionen — etwa in Hessen — meinte das Linken-Zugpferd, die Zeit der "Ausschließeritis" sei mit diesem Wahltag vorbei.

So ließen sich im "Kesselhaus" am Prenzlauer Berg, wo die Linken- Führung und Anhänger der Partei den Wahlabend verbrachten, die allermeisten von der relativen Zuversicht des Gregor Gysi anstecken. Die Differenzen zwischen ostdeutschen Realpolitikern und dem fundamentalistischen westdeutschen Flügel waren zunächst vergessen.

Wer hätte 1990 gedacht, dass diese Partei drittstärkste politische Kraft in der Bundesrepublik wird?

(kpk)
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