Andrea Nahles nach Jamaika-Aus SPD könnte eine Minderheitsregierung tolerieren

Berlin · Neuwahlen, Minderheitsregierung oder doch eine Fortsetzung der großen Koalition - in Berlin werden alle drei Szenarien diskutiert. Nach dem Ausscheiden der FDP aus den Sondierungen steht jetzt die SPD im Fokus.

Andrea Nahles (SPD), Fraktionsvorsitzende im Bundestag.

Andrea Nahles (SPD), Fraktionsvorsitzende im Bundestag.

Foto: dpa, bvj exa

Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Andrea Nahles, kann sich offenbar die Tolerierung einer unionsgeführten Minderheitsregierung vorstellen. "Das hängt davon ab, da müssen wir jetzt drüber reden", sagte sie am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin".

"Wir sollten darüber reden, wie wir einen Prozess gestalten, der unser Land in eine stabile, neue Regierung führt." Dieser Prozess könne zum Beispiel in einer Minderheitsregierung münden. Zugleich betonte Nahles mit Blick auf mögliche Neuwahlen: "Da hat niemand wirklich Lust drauf. Aber es ist trotzdem eine Option, die wir auch nicht scheuen."

Nahles versicherte, die SPD werde sich dem Gespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht verweigern. Aber den Regierungsauftrag habe jetzt Kanzlerin Angela Merkel. Die SPD-Politikerin betonte: "Die große Koalition hatte auch am Ende inhaltlich nicht mehr die Substanz und die Kraft, die sie vielleicht über Jahre hatte. Und es gibt keinen Automatismus. Wir sind auch nicht der Notnagel von Frau Merkel."

Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel geht davon aus, dass es nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen Neuwahlen geben wird. "Nachdem die Wunschkoalition Jamaika nicht zustande gekommen ist, möchten die Bürgerinnen und Bürger jetzt die Lage neu bewerten, und ich weiß überhaupt nicht, warum wir uns dem gegen erwehren", sagte er am Dienstag im Deutschlandfunk.

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) appellierte im ZDF an die SPD, die Worte Steinmeiers vom Vortag zu "wägen". Steinmeier hatte die Parteien aufgefordert, ihrer Verantwortung für das Land gerecht zu werden. Altmaier betonte: "Wir können uns nach so einer Wahl nicht einfach in die Büsche schlagen, deshalb muss die Regierungsbildung das oberste Ziel werden."

In den nächsten drei Wochen müsse Klarheit geschaffen werden, ob auf der Grundlage des Wahlergebnisses eine stabile Regierung gebildet werden kann. "Eine Minderheitsregierung, die von niemandem unterstützt und getragen wäre, wäre sicherlich keine gute Lösung für das Land", sagte Altmaier.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier möchte Neuwahlen möglichst vermeiden. Die Parteien hätten eine Verantwortung, die man "nicht einfach an die Wähler zurückgeben kann", sagte er am Montag. Steinmeier forderte "von allen Gesprächsbereitschaft, um eine Regierungsbildung in absehbarer Zeit möglich zu machen". Er will nach Merkel bis Mittwoch auch die Spitzen von Grünen, FDP und SPD treffen.

(heif)
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