Stahlarbeiter in NRW Zukunft von Thyssenkrupp wird zum Wahlkampfthema

Düsseldorf · Die Entscheidung über eine mögliche Fusion der Stahlsparte von Thyssenkrupp könnte in den nächsten Wochen fallen. Betroffen wären mehr als 20.000 Stahlarbeiter in NRW. Die SPD verspricht ihnen Unterstützung.

 Stahlwerker in Duisburg. (Symbolbild)

Stahlwerker in Duisburg. (Symbolbild)

Foto: rtr

Vier Wochen vor der Bundestagswahl wird die Zukunft von Thyssenkrupp zu einem bestimmenden Wahlkampfthema. Vizekanzler und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) trifft sich am heutigen Freitag mit Vertretern der IG Metall, Betriebsräten und Vertrauensleuten in Duisburg, um Optionen für den Ruhrkonzern und die deutsche Stahlindustrie auszuloten.

Kurz zuvor hatte sich SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bereits positioniert: "Unser Ziel ist, die deutschen Stahlstandorte zu erhalten", betonte Schulz in einem Interview mit der WAZ und ergänzte: "Manche außerhalb des Ruhrgebiets glauben ja, Stahl sei irgendwie von gestern. Das Gegenteil ist der Fall!" Sein Ziel sei es, die heimische Stahlindustrie zu schützen.

Thyssenkrupp steht kurz vor einer der wichtigsten Entscheidungen seiner über 200-jährigen Geschichte. Es geht um die Frage, ob sich das Essener Unternehmen von seinen Wurzeln trennt und das Stahlgeschäft in eine Partnerschaft mit dem britisch-indischen Konkurrenten Tata Steel einbringt. Eine Entscheidung wird in Kürze erwartet, möglicherweise noch vor der Bundestagswahl am 24. September. Bisher hatte das Thema im Wahlkampf kaum eine Rolle gespielt.

Angst um Jobs und Standorte

Die Entscheidung des Thyssenkrupp-Vorstands würde über 20.000 Stahlarbeiter allein im Ruhrgebiet betreffen und hätte weitreichende Folgen auch für Lieferanten und verwandte Branchen. IG Metall und Betriebsräte sprechen sich strikt gegen eine Fusion der Stahlsparten von Thyssenkrupp und Tata aus.

Ex-IG-Metall-Chef Detlef Wetzel, Vize-Aufsichtsratschef der Stahlsparte, sagte am Freitag angesichts der seit eineinhalb Jahren andauernden Gespräche: "Die Verhandlungsposition von Thyssenkrupp verschlechtert sich von Tag zu Tag - was fällt dem Vorstand ein, die Weltöffentlichkeit so lange hinzuhalten?" Die Arbeitnehmervertreter fürchten um Jobs und Standorte. Sollte es zur Fusion mit Tata kommen, könnte der Unmut der Wähler in NRW die Parteien wertvolle Stimmen kosten.

Passend dazu kursierten gestern Meldungen über eine mögliche politische Stahl-Lösung. Das "Handelsblatt" berichtete unter Berufung auf Politik und Gewerkschaften, es gebe Überlegungen für einen nationalen Zusammenschluss der Stahlhersteller Salzgitter und Georgsmarienhütte. Die Idee einer solchen "Deutschen Stahl AG" wurde in der Branche seit den 80er Jahren immer wieder diskutiert, scheiterte aber meist schnell. Dieses Mal sollen nach Informationen unserer Redaktion ehemalige Stahlmanager unter den treibenden Kräften sein.

Dementi für nationale Stahl-Lösung

Doch die Beteiligten winken ab. Einer der größten Gegner ist Salzgitter-Chef Heinz Jörg Fuhrmann. Er ließ gestern mitteilen, es sei ihm bisher kein Konzept präsentiert worden, das besser wäre als der seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten mit Erfolg verfolgte Weg der Eigenständigkeit. An Salzgitter hält das Land Niedersachsen 26,5 Prozent der Anteile. Thyssenkrupp äußerte sich nicht.

Und Jürgen Großmann, Eigentümer der Georgsmarienhütte und früherer RWE-Chef, dementierte gestern, eine nationale Stahl-Lösung voranzutreiben. Im Sommer 2014 allerdings hatte Großmann nach Informationen unserer Redaktion schon einmal vergeblich einen Vorstoß unternommen, um Thyssenkrupp Steel zu übernehmen. Ohne eine Landesbürgschaft wäre dies jedoch kaum machbar.

Vor wenigen Tagen habe Großmann beim neuen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) in der Düsseldorfer Staatskanzlei vorgesprochen, wie informierte Kreise bestätigten. Zwar sei dabei über die Lage der Stahlindustrie und die hohen Überkapazitäten der Branche gesprochen worden. Um einen nationalen Stahl-Champion oder eine Landesbürgschaft sei es dabei aber nicht gegangen, hieß es.

(kib)
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