Bundestagswahl 2017 Regierungsbildung nach der Wahl könnte sich verzögern

Berlin · Die SPD will die Niedersachsen-Wahl abwarten, bevor sie im Bund Sondierungen führt. Die anderen Parteien wollen da nicht mitspielen.

Bundestagswahl 2021: Wer wählt den Bundeskanzler? - So funktioniert die Wahl
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So funktioniert die Wahl

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Der Wahlkampf wird mit der Bundestagswahl am 24. September für die Parteien noch nicht zu Ende sein. Drei Wochen später, am 15. Oktober, gilt es noch die Landtagswahl in Niedersachsen für sich zu entscheiden. Jetzt hat die SPD angekündigt, in dieser Zeit keine Sondierungsgespräche führen zu wollen. Die Zusammensetzung einer neuen Bundesregierung wäre damit unmöglich - zumindest, wenn die SPD beteiligt werden soll.

Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Bundestag, Thomas Oppermann, hatte diese Strategie am Rande seiner Sommerreise im Harz bekanntgegeben. Der Grund ist denkbar einfach: Man will den Ausgang der für die SPD sehr wichtigen Landtagswahl nicht durch eine Koalitionsentscheidung im Bund beeinflussen. Noch-Ministerpräsident Stephan Weil muss kämpfen, derzeit liegt er in den Umfragen mit 32 Prozent für die SPD hinter Herausforderer Bernd Althusmann, dessen CDU auf 40 Prozent kommt.

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Oppermann, auch außerhalb der Politik ein enger Freund von Weil, hatte erklärt, es werde "keine Koalitionsverhandlungen oder Sondierungen geben." Bis zum 15. Oktober werden die Sozialdemokraten "den Wahlkampf ohne Unterbrechung fortsetzen", so Oppermann.

Doch wie wahrscheinlich ist es, dass diese Strategie aufgeht? Wer sich bei den anderen Parteien - und möglichen Koalitionspartnern der SPD - umhört, stößt auf wenig Verständnis für den Kurs der Sozialdemokraten. Michael Grosse-Brömer, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag und zudem niedersächsischer CDU-Abgeordneter, will da nicht mitziehen: "Auch diese Ankündigung der SPD zeigt einmal mehr das Motto der Sozialdemokraten: Erst kommen die Parteiinteressen, dann die Interessen der Menschen und des Landes", ätzte er.

Die Union werde in aller Ruhe die Entscheidung der Wähler am 24. September abwarten und dann auf Bundesebene die erforderlichen Schritte tun. "Den Wählerinnen und Wählern ist nach unserer Auffassung kaum zu vermitteln, wenn in Berlin in der Zeit des niedersächsischen Wahlkampfs nicht gearbeitet wird", sagte Grosse-Brömer.

Würden die Wahlergebnisse also letztlich nur eine Neuauflage der großen Koalition ermöglichen, wäre Stillstand unausweichlich - die Zusammensetzung der Regierung aber geklärt. Wahrscheinlicher ist, dass auch andere Konstellationen in Betracht kommen. Reicht es etwa für Schwarz-Gelb, da ist man sich in fast allen Parteien einig, wird es wohl wieder eine Regierung von Union und FDP geben. Was aber, wenn nur Dreierbündnisse eine Mehrheit hätten? Dann werden FDP und Grüne zum Kanzlermacher.

Viele glauben, eine sogenannte Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP hätte dann bessere Chancen als eine Ampel aus SPD, FDP und Grünen. Erste Unionspolitiker werben offensiv dafür, etwa Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), der in seinem Land selbst so eine Koalition anführt. Der Nebeneffekt: Die von Oppermann verkündete Strategie liefe ins Leere, die SPD wäre isoliert. Passend äußerte sich FDP-Chef Christian Lindner: "Herr Oppermann spricht aus, dass die SPD mit dem Wählervotum rein taktisch umgehen will." Solche Verzögerungstaktiken würden die Menschen einordnen können.

"Die FDP sieht die Wahlen im Bund und in Niedersachsen unabhängig voneinander", sagte der liberale Spitzenkandidat. Eine ähnliche Position haben die Grünen. Michael Kellner, politischer Bundesgeschäftsführer, sagte, nach der Wahl gehe es nicht um taktische Spielchen. "Drei Wochen verordnete Gesprächspause von der Bundestagswahl bis zum 15. Oktober halte ich für Unfug und unverantwortlich den Wählern gegenüber." Die Parteien seien gefordert sorgfältig zu prüfen, was geht oder was eben auch nicht, sagte Kellner.

(may- / jd)
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