Szenarien von Thomas Oppermann So könnte die SPD doch noch in die GroKo kommen

Berlin · Nach dem desaströsen Wahlergebnis hat die SPD sich früh auf die Opposition festgelegt. Ex-Fraktionschef Thomas Oppermann sagt: Mit 23 Prozent wäre die Partei in die große Koalition gegangen. Theoretisch hält er die GroKo noch für denkbar. Die Mehrheit der Deutschen liebäugelt aber schon mit Jamaika.

 Der frühere Fraktionsvorsitzender der SPD im Deutschen Bundestag, Thomas Oppermann (Archivbild).

Der frühere Fraktionsvorsitzender der SPD im Deutschen Bundestag, Thomas Oppermann (Archivbild).

Foto: dpa, mkx gfh

Die SPD hat eine große Koalition kategorisch ausgeschlossen. Ihr gerade abgelöster Fraktionschef Thomas Oppermann hält ein Bündnis mit der Union dennoch für denkbar - zumindest theoretisch. In der ZDF-Talkshow "Markus Lanz" bekräftigte Oppermann zwar, dass die SPD in die Opposition gehen wolle. Allerdings sagte er auf die Frage, ob die Sozialdemokraten im Fall eines Rückzugs von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einer großen Koalition bereit wäre: "Das wäre in der Tat eine neue Situation."

Der SPD-Politiker geht davon aus, dass die Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen zustande kommen wird. "Die Grünen sind zu jeder Schandtat bereit", sagte er. Nur die CSU werde Probleme machen, weil sie wegen des großen Stimmenverlusts bei der Wahl "waidwund" geschossen sei. Auf die Frage, ob die SPD bei einem Scheitern von Jamaika und drohenden Neuwahlen noch umdenke, sagte Oppermann: Für den Fall, dass es einen "Staatsnotstand" gebe, müsse die SPD neu überlegen. Aber einen solchen sehe er noch nicht.

Oppermann bekräftigte: "Unser Platz ist in der Opposition." Der Wähler habe die große Koalition "brutal" abgestraft. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass der öfter gehandelte CDU-Hoffnungsträger und Finanz-Staatssekretär Jens Spahn an die Stelle von Merkel treten könnte. "Der Herr Spahn hat nicht das Zeug zum Bundeskanzler."

Die SPD-Vizevorsitzende Manuela Schwesig verbat sich derweil Kritik ehemaliger Parteigrößen an der Neuaufstellung der Sozialdemokraten. "Es kann nicht sein, dass einzelne Sozialdemokraten mit Beiträgen von außen jetzt schon wieder Zensuren verteilen", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin unserer Redaktion. Zuvor hatten sich Altkanzler Gerhard Schröder, der frühere Parteichef Franz Müntefering und der frühere Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi kritisch über Parteichef Martin Schulz und die Führungsmannschaft geäußert

Eine klare Mehrheit der Deutschen ist laut einer Umfrage für die Bildung einer Jamaika-Koalition. 59 Prozent fänden ein Bündnis von Union, FDP und Grünen gut, 22 Prozent schlecht und 15 Prozent der Befragten ist es egal, ergab das ZDF-"Politbarometer". Demnach fänden nur 23 Prozent eine Fortsetzung der großen Koalition besser, hieß es am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin". 62 Prozent begrüßen es, dass die SPD in die Opposition gehen will, nur 29 Prozent sind dagegen. Auf die Frage, ob die AfD nach ihrem Einzug in den Bundestag langfristig erfolgreich sein wird, antworteten 23 Prozent mit Ja und 72 Prozent mit Nein.

Bei der Bundestagswahl hatten Union und SPD schwere Verluste hinnehmen müssen. Allerdings können CDU und CSU als weiter stärkste Kraft nun mit FDP und Grünen eine Koalition bilden. Die AfD schaffte 12,6 Prozent und zieht erstmals in das Parlament ein.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki verlangt von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mehr Tempo auf dem Weg zu einer Jamaika-Koalition. "Alle sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Es gibt deshalb keinen Grund, noch länger zuzuwarten", sagte Kubicki dem "Handelsblatt". Er zeigte sich verwundert, dass Merkel noch nicht zu Sondierungsgesprächen eingeladen habe.

Den Grund für die Verzögerung sieht Kubicki bei der Union. "Bei der CSU greift vor allem die ungelöste strategische Ausrichtung um sich. Die innere Befindlichkeit der CSU und der Streit mit der CDU darf aber nicht dazu führen, dass Deutschland deswegen dauerhaft ohne neue Regierung bleibt."

Die Spitzen von CDU und CSU wollen sich am 8. Oktober voraussichtlich in Berlin treffen, um über einen gemeinsamen Kurs für die Sondierungsgespräche zu beraten. Ob es dabei schon zu einem abschließenden Ergebnis kommt, ist offen. Beide Parteien streben an, eine Lösung möglichst schon vor der Niedersachsen-Wahl am 15. Oktober zu finden. Im Zentrum der Debatte steht die von CSU-Chef Horst Seehofer geforderte Obergrenze für Flüchtlinge. In Unions-Kreisen heißt es, die Sondierungsgespräche würden voraussichtlich nicht vor dem 16. Oktober beginnen.

(oko)
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