Interview mit Philipp Rösler "Wir verzichten auf teure Versprechen"

FDP-Chef Philipp Rösler will im Wahlkampf bescheidener sein und keine neuen Steuersenkungen versprechen. Eine Koalition mit SPD und Grünen schließt er im Interview mit unserer Redaktion aus.

Schwarz-Gelb hat in Umfragen erstmals wieder eine Mehrheit. Regieren Sie auch mit einer Stimme Mehrheit?

Rösler Selbstverständlich. Mehrheit ist Mehrheit. Ich kämpfe aber dafür, dass die Mehrheit am 22. September deutlicher sein wird.

Liegt das an der Schwäche des SPD-Kanzlerkandidaten oder an der Stärke der Regierung? Und welche Stärke sollte das eigentlich sein?

Rösler Je näher der Wahltermin rückt, desto mehr fragen sich die Menschen, wie es in unserem Land weitergehen soll. Wir haben gute Argumente: Niedrige Arbeitslosigkeit, eine stabile wirtschaftliche Lage, einen soliden Haushalt. Deutschland steht gut da. Nur Union und FDP garantieren, dass das so bleibt. Die SPD plakatiert nicht einmal den Spitzenkandidaten. Und jetzt fallen diese Plakate sogar ab.

Die 14,6 Prozent für die FDP bei der letzten Bundestagswahl werden Sie nicht halten können. Ab wie viel Prozent gilt die Wahl als gewonnen?

Rösler Wir wollen in Regierungsverantwortung weiter gestalten, damit Deutschland auf Erfolgspur bleibt. Unser klares Ziel ist es, die erfolgreiche Koalition mit der Union fortzusetzen.

Wenn es klappt, dann obwohl, oder weil Sie Parteichef sind?

Rösler Wenn man sich selbst treu bleibt, trotz mancher Anfeindungen, dann erringt man bei den Menschen Respekt. Und unsere Themen treffen den Nerv der Menschen: solide Haushalte, stabiles Geld, Bürgerrechte und keine weiteren Belastungen. Machen Sie sich keine Sorgen, der FDP und mir geht es gut.

Ist Bambus also stabiler als die Eiche?

Rösler Wir haben ein gutes Team gefunden. Mit Rainer Brüderle haben wir einen hervorragenden Spitzenkandidaten. Das belebt die gesamte Partei, und das spüren wir auch an den Umfragen.

Dirk Niebel wollte Sie aus dem Amt drängen. Kann er Minister bleiben?

Rösler Wie sich eine neue Bundesregierung aufstellt, entscheidet sich nach der Wahl. Man muss so etwas mit der notwendigen Professionalität sehen.

Ist eine Ampel-Koalition für Sie definitiv ausgeschlossen?

Rösler Ja, wir werden am 12. September im Rahmen eines Wahlkonventes einen Wahlaufruf beraten, in dem klipp und klar die Ampel-Koalition ausgeschlossen wird. Koalitionen sind keine Mathematik. Die Inhalte müssen passen. Mit Bevormundern und Steuererhöhern ist aber kein Staat zu machen.

Welche wirtschaftspolitische Reform will die FDP nach 2013 umsetzen?

Rösler Priorität genießt für uns die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Das ist die richtige Lehre aus der Staatsschuldenkrise in Europa. Wir werden 2014 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorlegen und 2015 ohne neuen Schulden auskommen, eventuell gelingt dann sogar schon ein kleiner Überschuss.

Früher wollte die FDP Steuern senken, Subventionen abbauen, Sozialsysteme reformieren...

Rösler Entlastungen für Bürger und Unternehmen bleiben auf der Tagesordnung, daran hat sich nichts geändert. Beispiel Energiekosten: Beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) brauchen wir mehr Markt, mehr Wettbewerb. Die FDP hat dafür ein Modell vorgelegt. Als eine der ersten Maßnahmen nach der Wahl müssen wir über eine grundlegende Reform des EEG reden, um die Energiepreise stabil zu halten. Eine solche Reform darf nicht länger auf die lange Bank geschoben werden.

Altkanzler Gerhard Schröder verlangt eine Agenda 2020.

Rösler Richtig ist, dass wir uns auf dem Erreichten nicht ausruhen dürfen. Auch in den kommenden Jahren müssen wir weiter daran arbeiten, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken. Länder mit hohen Staatsschulden fallen im internationalen Wettbewerb zurück. Deshalb sind solide Haushalte so wichtig. Für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands spielt unsere unser industrieller Kern eine zentrale Rolle. Er ist die Grundlage für unseren Wohlstand. Wer wie die Grünen meint, unsere Industrie gängeln zu müssen, der ist eine Gefahr für unser Land.

Eine neue Bescheidenheit. Ist dass dem Absturz nach 2009 geschuldet?

Rösler Wir haben aus 2009 gelernt, na klar. Wir versprechen den Menschen nichts, was wir nicht halten können. Es geht um vernünftiges und solides Regieren. Das erwarten die Menschen von einer neuen Bundesregierung.

Also doch kein rascher Abbau des Solidaritätszuschlags?

Rösler Die christlich-liberale Koalition hat nach der Wende den Menschen versprochen, dass der Soli eine einmalige Abgabe zur Mitfinanzierung der Kosten der Deutschen Einheit ist. Der Solidarpakt läuft 2019 aus. Wenn es dann den Soli noch gäbe, wäre aus der vorübergehenden Abgabe eine dauerhafte Steuer geworden. Das würde niemand verstehen. Deshalb braucht es einen Abbaupfad.

Wann kann der Abbau beginnen? Ein Gutachten für die Bundestagsfraktion besagt, ab 2014.

Rösler Die Fraktion hat eine Modellrechnung in Auftrag gegeben, um zu zeigen, dass der von uns geforderte Abbau des Soli möglich ist. Unsere Vorstellung ist klar und nachvollziehbar. Erst kommt die Konsolidierung, dann Entlastung.

MICHAEL BRÖCKER FASSTE DAS GESPRÄCH ZUSAMMEN

(brö)
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