Kommentar zur Bundeswehr Die Mär von der Besenstiel-Armee

Meinung | Düsseldorf · Seit Wochen gibt es immer wieder Berichte über Mängel und Probleme bei der Bundeswehr. Von maroden Kasernen über fehlendes Material bis hin zu völlig überteuerten Rüstungsprojekten. Ein Kommentar zur Bedeutung und Situation in der deutschen Armee.

Von der Leyen eröffnet "Showroom" der Bundeswehr
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Die Bundeswehr, der Schrottplatz der Nation - nicht nur Kabarettisten, sondern auch die Büttenredner in der gerade beendeten Karnevalssession hatten ihren Spaß an der Darstellung einer gründlich kaputtgesparten Truppe, die mit schwarz angemalten Besenstielen statt echten Maschinengewehren ins Manöver ziehen muss.

Doch dieses Bild ist nicht nur oberflächlich und schief, sondern auch zutiefst problematisch: Die Streitkräfte werden zur Lachnummer degradiert und damit noch mehr beschädigt. Denn die Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl der Truppe und die Nachwuchswerbung sind mutmaßlich katastrophal. Wer will schon in einem übel heruntergewirtschafteten "Technikmuseum" arbeiten?

Richtig ist schon, dass die Bundeswehr nach Ende des Kalten Krieges ganz bewusst unterfinanziert wurde und jetzt dringend gegengesteuert werden muss. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat dieses Problem mutig angepackt mit der logischen Folge, dass fast jede Woche neue Hiobsbotschaften über nicht funktionsfähige oder nicht rechtzeitig gelieferte Waffensysteme bekannt werden — ein zweischneidiges Schwert. Denn einerseits ist diese "Mängelliste" die Grundvoraussetzung, um die intern bereits seit Jahren bekannten Missstände endlich auszuräumen, es ist gewissermaßen die Selbsterkenntnis als erster Schritt zur Besserung. Andererseits nimmt der Ruf der Streitkräfte insgesamt ungerechtfertigt Schaden.

"Die Bundeswehr ist dafür da, den Feind an der Grenze so lange aufzuhalten, bis Militär kommt", spotteten Wehrpflichtige schon in den 1970-er Jahren und spielten damit darauf an, dass eine so relativ große Armee auch damals bei volleren Kassen nicht überall auf dem neuesten Stand gehalten werden konnte. Nicht alle Klagen über schlechte Ausrüstung sind daher neu. Die gegenwärtige Rüstungsdebatte klammert im Übrigen — bewusst oder unbewusst — komplett aus, dass wesentliche Teile der Bundeswehr sehr wohl einsatzfähig und gut ausgestattet sind. Außerdem stellen Bewaffnung und Ausrüstung nur einen Teilaspekt dar, wenn Streitkräfte funktionsfähig sein sollen. Ungleich wichtiger ist der Mensch, sind seine Einsatzfreude, seine qualifizierte Ausbildung und sein Können. Und da müssen sich die Soldaten und zivilen Mitarbeiter nicht verstecken. Ganz so schlecht bestellt, wie es scheint, ist es um unsere Bundeswehr also zum Glück nicht.

(RPO)
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