Kataloniens Ex-Präsident festgenommen Carles Puigdemont zieht Asylantrag in Deutschland in Betracht

Düsseldorf · Der ehemalige katalanische Präsident Carles Puigdemont ist Medienberichten zufolgte in Deutschland festgenommen worden. Nach ihm war mit europäischem Haftbefehl gesucht worden.

 Carles Puigdemont wurde mit europäischem Haftbefehl gesucht. (Archiv)

Carles Puigdemont wurde mit europäischem Haftbefehl gesucht. (Archiv)

Foto: ap, SDN

Der katalanische Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont ist am Sonntag nach der Einreise aus Dänemark in Deutschland festgenommen worden. Grundlage für die Festnahme sei ein europäischer Haftbefehl, teilte ein Sprecher des Landespolizeiamts in Kiel mit. Einem Medienbericht zufolge denkt Puigdemont darüber nach, Asyl in Deutschland zu beantragen.

Dies berichteten die "Kieler Nachrichten" am Sonntag unter Berufung auf Justizkreise. "Sollte er dies tun, wird der Asylantrag wie jeder andere vom Bundesamt für Migration (Bamf) geprüft werden", sagte der Sprecher des schleswig-holsteinischen Innenministeriums der Zeitung. Allerdings stünden die Chancen nicht gut: "Strafverfolgung beziehungsweise die Vollstreckung eines europäischen Haftbefehls hat Vorrang vor einem Asylverfahren." Letztlich obliege die Entscheidung aber der Generalstaatsanwaltschaft und dem Bundesamt.

Kräfte der Landespolizei Schleswig-Holstein hatten Puigdemont um 11.19 Uhr auf der Bundesautobahn 7 festgenommen. Der 55-Jährige habe sich auf dem Rückweg aus Finnland nach Belgien befunden, sagte Puigdemonts Sprecher Joan Maria Pique. Er werde von der Polizei gut behandelt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ist er in die Justizvollzugsanstalt Neumünster gebracht worden. Die Federführung für das Verfahren in Deutschland hat nach Behördenangaben zunächst die Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig.

"Herr Puigdemont befindet sich derzeit in polizeilichem Gewahrsam", sagte Vize-Generalstaatsanwalt Ralph Döpper am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit prüfe die Behörde, wie lange Puigdemont auf Basis des europäischen Haftbefehls in Gewahrsam bleiben könne. Die Entscheidung darüber, ob der Ex-Regionalpräsident in Auslieferungshaft genommen werde, falle "mit einiger Wahrscheinlichkeit erst am morgigen Tag", sagte Döpper. Diese treffe das zuständige Amtsgericht. "Wir stehen ganz am Anfang der Prüfung."

Der im Brüsseler Exil lebende Puigdemont war zuletzt zu Gesprächen im finnischen Parlament und hatte zudem am Freitag an der Universität Helsinki eine Rede gehalten. Anschließend wollte er nach Angaben seines Sprechers über Dänemark und Deutschland zurück nach Belgien reisen. Finnland hatte sich auf spanischen Antrag bereiterklärt, Puigdemont zu verhaften, doch kam die Entscheidung offenbar zu spät.

Die Linke fordert, Carles Puigdemont sofort wieder frei zu lassen. Die Festnahme sei eine "Schande", teilte der europapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko, am Sonntag mit. "Puigdemont wurde auf Grundlage des EU-Haftbefehls festgenommen, weil er in Spanien wegen "Rebellion" angeklagt ist." Rebellion sei aber kein europäischer Straftatbestand und gehöre nicht zu den 32 Delikten, nach denen auf Grundlage des EU-Haftbefehls ausgeliefert werden muss."Spanien ist der einzige EU-Staat, der diesen vordemokratischen Straftatbestand hat", sagte Hunko. "Die Strafverfolgung ist ganz offensichtlich politisch motiviert."

Ermittlungen wegen Rebellion

Nach einem von Madrid für illegal erklärten Unabhängigkeitsreferendum sowie einem Beschluss zur Abspaltung Kataloniens von Spanien war Puigdemont Ende Oktober 2017 von der spanischen Zentralregierung als Regionalpräsident abgesetzt worden. Unmittelbar nach seiner Amtsenthebung hatte sich Puigdemont nach Brüssel abgesetzt, um der spanischen Justiz zu entkommen. Gegen ihn wird unter anderem wegen Rebellion ermittelt. Da ihm bei einer Rückkehr in die Heimat die sofortige Inhaftierung gedroht hatte, wollte er zunächst Katalonien von Belgien aus regieren.

Die spanische Justiz blockiert derzeit mit der Verhängung mehrerer Haftbefehle gegen katalanische Separatistenführer die Regierungsbildung in Katalonien. Das Regionalparlament in Barcelona unterbrach am Samstag die Wahl von Jordi Turull zum neuen katalanischen Präsidenten, weil Turull am Vortag festgenommen worden war. Auch im Ausland erhöht Spanien die Fahndungsdruck auf Anführer der Separatistenbewegung.

Der Oberste Gerichtshof Spaniens hatte am Freitag Strafverfahren gegen Puigdemont, Turull und weitere elf Regionalpolitiker eröffnet.
Gegen sieben ins Ausland ausgewichene Separatisten, darunter Puigdemont, wurden neue Haftbefehle erlassen. Ihnen drohen bis zu 30 Jahre Haft.

"Ich werde nicht ruhen..."

In Barcelona hielt Parlamentspräsident Roger Torrent trotz der Forderung Madrids nach einer Aussetzung an der Wahl zum Regionalpräsidenten fest. "Ich werde nicht ruhen, bis ich euch in Freiheit sehe", sagte er an seine inhaftierten Kollegen gerichtet.

Im ersten Wahlgang hatte Turull aufgrund der inneren Spaltung der Unabhängigkeitsbefürworter die erforderliche absolute Mehrheit verfehlt. Der Oberste Gerichtshof Spaniens kam mit der Anordnung auf Untersuchungshaft für Turull einem zweiten Wahlgang zuvor. Der Politiker fehlte damit am Samstag im Parlament in Barcelona. Das Verfassungsgericht hatte zuvor entschieden, dass ein Kandidat im Parlament anwesend sein muss, um sich ins Amt wählen zu lassen.

(csi//dpa)
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