Zweitägiger Bundesparteitag in Hannover CDU bereitet "Wohlfühl"-Treffen vor

Hannover · Griechenland, Homo-Ehe, Frauenquote und Mütterrente – trotz der Differenzen zu den diversen Themen will die CDU-Spitze einen Bundesparteitag der Ruhe, mit Signalen der Geschlossenheit und einem Top-Wahlergebnis für Parteichefin Merkel in Hannover.

Bundekanzlerin Angela Merkel auf der CDU-Regionalkonferenz
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Griechenland, Homo-Ehe, Frauenquote und Mütterrente — trotz der Differenzen zu den diversen Themen will die CDU-Spitze einen Bundesparteitag der Ruhe, mit Signalen der Geschlossenheit und einem Top-Wahlergebnis für Parteichefin Merkel in Hannover.

Bei Gremiensitzungen in Hannover bereitet die CDU heute ihren zweitägigen Bundesparteitag vor. Kurz davor ist zunächst eine Hallenbesichtigung mit der CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie Generalsekretär Hermann Gröhe geplant. Danach treten CDU-Bundesvorstand und Präsidium zusammen. Am Dienstag soll Merkel zum siebten Mal zur Bundesvorsitzenden gewählt werden. Der Parteikongress dauert bis zum Mittwoch.

Am Wochenende gab Merkel ein Signal an die Konservativen in der CDU: Sie empfahl den Delegierten, die steuerliche Gleichbehandlung homosexueller Paare abzulehnen. Weiteren Zündstoff bergen in Hannover Anträge zur Frauenquote und zu höheren Renten für ältere Mütter. An die FDP appellierte Merkel, beim Thema Mindestlohn einzulenken. Die CDU spricht sich für eine von den Tarifparteien ausgehandelte, branchen- und regionalspezifische Lohnuntergrenze aus, lehnt aber einen gesetzlichen Mindestlohn ab, wie ihn die SPD fordert.

Streit um die Frauenquote

Eine gesetzlich festgeschriebene Frauenquote in Unternehmen darf nach den Worten von Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister nur "Ultima Ratio", also letztes Mittel, sein. "Ich bevorzuge immer freiwillige Vereinbarungen vor staatlichen Vorgaben", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. McAllister stellte sich damit gegen die von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen und anderen Frauen in der CDU geforderte feste 30-Prozent-Quote in den Führungspositionen von Unternehmen.

Er unterstützte die vom CDU-Vorstand vorgeschlagene freiwillige Frauen-"Flexi-Quote". "In Zukunft muss es ein stärkeres Maß an Verbindlichkeit geben, damit 2020 im Schnitt 30 Prozent der Aufsichtsratsmandate der mitbestimmungspflichtigen Unternehmen mit Frauen besetzt sind", heißt es im Leitantrag, den der Bundesparteitag beschließen soll. "Ich gehe davon aus, dass die Wirtschaft im Rahmen des "Flexi-Modells" von sich aus endlich einen Beitrag leistet und die Zahl der Frauen erkennbar erhöht", sagte McAllister.

Durch die öffentliche Debatte über dieses Thema stehe die Wirtschaft unter Zugzwang. Der Wirtschaft müsse aber klar sein, dass es mit der Selbstverpflichtung zu einer freiwilligen Quote nicht getan sei. McAllister: "Die Wirtschaft muss wissen, dass der Staat die Fortschritte in den kommenden Jahren sehr aufmerksam verfolgen wird und darauf achten wird, dass es tatsächlich zu Verbesserungen kommt." Bis dato sei in der Wirtschaft zu wenig passiert.

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Ursula von der Leyen sagte in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" am Sonntagabend, um in Großstädten und bei jüngeren Menschen attraktiver zu werden, müsse ihre Partei "schneller sein und prägnanter". Die Arbeitsministerin fügte hinzu: "Wir haben den Kindergartenanspruch für Dreijährige durchgesetzt. Wir haben den Rechtsanspruch für Einjährige, der jetzt im Sommer kommt, auf den Weg gebracht. Das sind Themen, die sind hochmodern. Die sprechen gerade junge Menschen an. Ich finde, wo die Union noch besser werden kann, ist: Früher und prägnanter auch diese Themen durchformulieren in der eigenen Partei."

Experte warnt vor Grabesruhe

Der Parteienforscher Gerd Langguth warnte die CDU vor einem Parteitag ohne größere inhaltliche Diskussionen. Er sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Ich sehe, dass sich eine Grabesruhe entwickelt." Die CDU sei stets mehr als andere Parteien ein Kanzlerwahlverein gewesen. Doch derzeit werde fast überhaupt nicht mehr diskutiert. "Die CDU muss aber mehr über Inhalte diskutieren, um wählbar zu sein." Erfolg in den Großstädten hänge "vor allem von guten Kandidaten ab", sagte der Bonner Politologe. "Diese Kandidaten zu finden, ist aber äußerst schwierig - und für die CDU besonders."

Für die in den Großstädten schwächelnde CDU war die Niederlage bei der Kommunalwahl in Karlsruhe am Sonntag kurz vor Beginn des Bundesparteitags ein weiterer Tiefschlag. Der SPD-Politiker Frank Mentrup hatte die CDU-Hochburg eingenommen und wird neuer Oberbürgermeister in der badischen Metropole. Der CDU-Bewerber und Bundestagsabgeordnete Ingo Wellenreuther war ohne Chance.

CDU verliert Karlsruhe

Zudem bringt die Niederlage bei der Oberbürgermeisterwahl in Karlsruhe die CDU in neue Nöte. Nach Frankfurt/Main und Stuttgart ging ihr die dritte Großstadt in diesem Jahr verloren. Der 48 Jahre alte SPD-Politiker Frank Mentrup gewann am Sonntag schon im ersten Wahlgang trotz sechs Mitbewerbern deutlich mit 55,25 Prozent.

Sein CDU-Konkurrent, der Bundestagsabgeordnete Ingo Wellenreuther, wurde mit 35,41 Prozent deklassiert. Damit dürfte die Debatte in der CDU weitergehen, wie man in Großstädten wieder punkten kann. Für die CDU Baden-Württemberg zerplatzte am Sonntag die Hoffnung, nach den Niederlagen im Land und in Stuttgart den Negativtrend zu stoppen. Sie verlor mit Karlsruhe nicht nur eine Hochburg, die sie 42 Jahre lang gehalten hat - die CDU stellt auch ansonsten in keiner Großstadt mehr den Oberbürgermeister.

"Das war's dann endgültig als Großstadtpartei", sagte der SPD-Parteivorsitzende und Finanzminister Nils Schmid am Wahlabend. Mit der CDU verbinde kaum noch jemand Vielfalt, Modernität und Urbanität.

Margret Mergen, CDU-Bürgermeisterin in Karlsruhe und bei der internen Kandidatenkür gegen Wellenreuther unterlegen, mahnte, das Ergebnis als "Weckruf für die CDU" zu werten: "Die CDU muss darüber nachdenken, wie sie in der Stadt wieder attraktiver werden kann. Wir müssen uns öffnen und den Dialog auch mit Andersdenkenden suchen."

Mentrup, der bis vor einem Jahr als Kinderpsychiater gearbeitet hat, war als gemeinsamer Kandidat von SPD, Grünen, Piraten und Karlsruher Liste ins Rennen gegangen. Er zog mit den Schlagworten "Zuhören, verbinden und gestalten" in den OB-Wahlkampf und will nun im Rathaus einen neuen Politikstil etablieren. Die Wahlbeteiligung lag bei 42,2 Prozent.

(dpa)
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