Bürgerschaftswahl in Bremen CDU in allen Bereichen klar unterlegen

Bremen (RP). Die Forschungsgruppe Wahlen hat die Bürgerschaftswahl in Bremen auseinandergenommen. Das Ergebnis ist nicht eben schmeichelhaft für die Wahlkampfstrategen der CDU. Hier Auszüge aus der Analyse im Wortlaut.

Die Besonderheiten des Bremer Wahlsystems
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Foto: dapd

Insgesamt wurde die Bremische Bürgerschaftswahl vor Ort entschieden: In einer urban geprägten Sozialstruktur haben lokale Themen und Kandidaten die Agenda bestimmt. Traditionell stark verankert, flankiert von personeller Überlegenheit, sichert sich die SPD ihre Hausmacht auch dank einer desaströsen Opposition. Mit den Grünen muss sie sich im Senat einem erstarkenden Partner stellen, der jetzt auch weitgehend ohne Atom-Thema als breit aufgestellte Mehrthemenpartei erfolgreich klassische Politikfelder besetzt.

SPD - die Bremer Partei

Die SPD verdankt ihren Wahlsieg einem hohen Partei-Ansehen, ihrer Sachkompetenz und allem voran einem Bürgermeister, der in bester Tradition seiner Amtsvorgänger dem SPD-Sieg einen Namen gibt: Mit einer sehr guten Arbeitsbilanz und parteiübergreifender Wertschätzung erzielt Jens Böhrnsen Imagewerte, die vor ihm nur eine Hand voll anderer Ministerpräsidenten schafften.

So erhält Jens Böhrnsen, dessen Arbeit im Amt 79 Prozent positiv werten, auf einer Skala von plus fünf bis minus fünf die hervorragende Note 2,6. Mit guten 1,5 leistet auch die grüne Spitzenkandidatin Karoline Linnert einen Beitrag zum Plus ihrer Partei, wogegen eine wenig bekannte CDU-Herausforderin exemplarisch für die Schwäche der Christdemokraten steht: Rita Mohr-Lüllmann liegt bei nur 0,3 und in der Frage nach dem gewünschten Bürgermeister spektakuläre 54 Punkte hinter dem Amtsinhaber. 67 Prozent wollen Böhrnsen und gerade 13 Prozent Mohr-Lüllmann als Bürgermeisterin.

Die Grünen profilieren sich

Gleichzeitig ist das Votum ein Auftrag für die Neuauflage des rot-grünen Senats. Nach nur 37 Prozent vor der letzten Bürgerschaftswahl im Jahr 2007 finden es jetzt 58 Prozent gut, wenn es zu einem rot-grünen Senat kommt — neben der Leistungsbilanz Resultat von Parteiansehen, hoher Akzeptanz grüner Politik sowie kritischer Distanz gegenüber der CDU vor Ort.

Hierbei profilieren sich die Grünen in den für die Bremer Bürger wichtigen Bereichen Bildung und Schule oder Verkehr (19 bzw. 22 Prozent), wo sie inzwischen etwas mehr Zuspruch erfahren als die CDU (jeweils 18 Prozent). Als führend gilt in diesen Politikfeldern aber die SPD (27 bzw. 28 Prozent), die sich konträr zum Bund oder anderen Ländern auch bei den Bremer Top-Themen Finanzen, Jobs und sogar Kriminalität (26, 37 bzw. 30 Prozent) vor der CDU (24, 22 bzw. 22 Prozent) positioniert.

Den Grünen gehört die Zukunft

Maßgeblichen Anteil am SPD-Erfolg haben die ab 60-Jährigen, bei denen der Wahlsieger nach einem Plus von sieben Prozentpunkten 46 Prozent erreicht. Bei den 45- bis 59-Jährigen kann sich die SPD auf 38 Prozent (plus drei) verbessern, bei jüngeren Wählern hat sie dagegen Verluste: Mit 32 Prozent (minus drei) bei den 30- bis 44-Jährigen und 31 Prozent bei den unter 30-Jährigen (minus fünf) wird sie hier praktisch von den Grünen eingeholt, die nach klaren Zuwächsen 31 Prozent bei den 30- bis 44-Jährigen sowie 29 Prozent bei den unter 30-Jährigen erreicht.

Die CDU fällt bei allen unter 60-Jährigen mit zweistelligem Abstand hinter die Grünen zurück, bei den 60-Jährigen liegt sie mit 29 Prozent (minus sechs) über dem Schnitt. Bei den erstmals bei einer Landtagswahl wahlberechtigten 16- und 17-Jährigen sind die Grünen mit 34 Prozent noch etwas stärker als bei allen jüngeren Wählern, SPD und CDU verfehlen hier mit 28 bzw. zwölf Prozent ihr Gesamtniveau deutlich.

Von den Möglichkeiten des ebenfalls neuen Wahlrechts machten die Wähler offensichtlich nur mäßig Gebrauch: Knapp ein Drittel der Befragten gab an, die fünf Stimmen an verschiedene Parteien vergeben zu haben.

(Forschungsgruppe Wahlen/pst)
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