CDU und CSU raufen sich zusammen Versöhnliche Töne aus München

München · Der gemeinsame Gegner Martin Schulz schweißt sie zusammen: CSU-Chef Horst Seehofer und Kanzlerin Angela Merkel üben nach ihrem Dauerkrach nun Eintracht - zumindest bis zur Bundestagswahl.

 CDU-Generalsekretär Peter Tauber (l-r), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kamen in München zusammen.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber (l-r), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kamen in München zusammen.

Foto: dpa, shp axs

Ausgerechnet in München vor CSU-Zentrale, setzt Parteichef Horst Seehofer sein strahlendstes Lächeln auf und spricht die bedeutungsschweren Wörter "Sieg ist dort, wo Eintracht herrscht". Dabei stand München bislang für das Gegenteil von Unions-Eintracht. Hier führte er Angela Merkel, die Chefin der Schwesterpartei, beim CSU-Parteitag 2015 auf offener Bühne auf erniedrigende Weise vor. Hier wollte er beim Parteitag 2016 die Kanzlerin lieber nicht der CSU zumuten. Und umgekehrt. Nach der CSU-eigenen Dialektik musste es wohl unbedingt München sein, um den ganz großen Schulterschluss zu inszenieren.

Doch das Grundproblem bleibt in München ausgesprochen präsent: Eine neue Regierung in Berlin mit CSU-Beteiligung gibt es nur mit der Obergrenze für Flüchtlinge.

Die nach und nach eintreffenden CDU-Granden nehmen es süffisant. Der Problemball liegt für sie eindeutig in Seehofers Spielfeldhälfte. Sie waren sich mit ihm einig lange vor Dezember, dass die Obergrenze nicht ins gemeinsame Wahlprogramm aber ins CSU-Sonderprogramm "Bayernplan" kommt. Und sie sind es immer noch. Sie waren es nicht, die zwischenzeitlich mit der Absage des Münchner Versöhnungstreffens drohten. Die zusätzlichen Bedingungen formulierte Seehofer.

Einzig Seehofer brauchte noch die ein oder andere Extrarunde

Eine Stunde hat CDU-Vize Armin Laschet in München mit Seehofer alles durchgesprochen - und nachher Seehofers Einstieg in den NRW-Wahlkampf verkündet. Danach setzten sich auch Merkel und Seehofer noch mal für über eine Stunde zusammen. So als ginge es um einen Kompromiss zwischen zwei Positionen. Dabei lag alles schon lange fest. Spätestens, seit in sechs Fachkonferenzen, "Deutschlandkongresse" genannt, die Gemeinsamkeiten herausarbeitet wurden. Einzig Seehofer brauchte noch diese und jene Extrarunde, um wieder dort anzukommen, wo alle stets auf ihn warteten.

"Sieg ist, wo Eintracht herrscht" - diese Erkenntnis Seehofers trifft auf eine durcheinander gewirbelte Gemengelage. Denn der Umfragesieg gilt derzeit jeden Tag neu einer einträchtig hinter ihrem Idol stehenden Martin Schulz. Der rückt im persönlichen Vergleich mal dicht an die Beliebtheit Merkels heran, mal überflügelt er sie bereits. Und die Demoskopen staunten am Wochenende erneut, wie stark ihr Seismograf derzeit ausschlägt. Durch Schulz schoss die SPD bei Emnid um den historischen Rekordwert von sechs Prozentpunkten nach oben, zog bis auf vier Prozentpunkte auf die um vier Punkte abgesackte Union heran. Damit weiß die Union, was für sie die Stunde geschlagen hat.

Deshalb steht bei den internen Diskussionen auch Schulz mit im Raum und die Frage, wie ihm beizukommen sein wird. Seehofer amüsiert sich über Schulz' Aussagen zur fehlenden sozialen Gerechtigkeit in Deutschland. Da müsse der künftige SPD-Vorsitzende bitte zur Kenntnis nehmen, dass seine eigene Partei dafür die Verantwortung in sämtlichen Schlüsselressorts habe.

Doch eine Etage drüber steht die Verantwortung Merkels. CDU und CSU werden sie am Montag in München zu ihrer gemeinsamen Kanzlerkandidatin ausrufen. Sie ist wichtiger als alle Grundzüge, auf die sich die Parteipräsidien verständigen wollen. Und so stehen CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und CDU-Generalsekretär Peter Tauber neben Seehofer minutenlang in der sonnigen Kälte und warten auf Merkels Limousine. Die Begrüßung fällt dann herzlich aus. Für die Medien hat sich Merkel einen Satz von übersichtlicher Prägnanz zurechtgelegt: "Ich bin ganz sicher, in diesen Zeiten kommt es besonders auf die Volksparteien CDU und CSU an, die sehr viel mehr Gemeinsames haben als das, was unterschiedlich beantwortet wird."

Schulterschluss geht anders

Wie weit der Satz für sie selber trägt? Innerhalb der Unionsfraktion wird der Groll mit dem Herannahen der Bundespräsidentenwahl immer größer. Sowohl in der CDU als auch in der CSU laufen Gespräche, den Frust auf Merkels Unvermögen, einen eigenen Kandidaten zu präsentieren, durch eine eindrucksvolle Zahl von Nein-Stimmen in der Bundesversammlung nächsten Sonntag auszudrücken.

In der CSU-Zentrale wurde aufmerksam registriert, wie viele Parteimitglieder und -anhänger die neue "geschlossene" Unterstützung der CSU für Merkel als "Fehler" und "Umfallen" bewerteten. Ratschläge an der Basis gehen dahin, das Bestehen auf der Obergrenze zu betonen. So könne man die CSU in dem Bewusstsein wählen, dass Merkel zwar Kanzlerin werden könne, aber nur zu den Bedingungen der CSU. Schulterschluss geht anders.

(may-)
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