SPD-Kanzlerkandidatur CDU und FDP kritisieren Krafts Äußerung zur K-Frage

Berlin · SPD-Parteivize Kraft hat angedeutet, die Entscheidung über den Kanzlerkandidaten sei gefallen. Deswegen wird ihr nun von FDP-Chef Lindner vorgeworfen, die Wähler zu verschaukeln. NRW-Konkurrent Laschet spricht von Theater.

Das war der Ständehaus-Treff im November 2016
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Foto: Bretz, Andreas

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat mit ihrer Äußerung zur offiziell noch offenen SPD-Kanzlerkandidatur bundesweit für Aufregung gesorgt. Am Montagabend hatte die SPD-Politikerin beim Ständehaus-Treff der Rheinischen Post vor 600 Gästen gesagt, dass der Kandidat der SPD schon feststehe. Um wen es sich handele, werde sie aber nicht verraten.

Für Krafts künftige Gegner bei der Landtagswahl, CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet und FDP-Chef Christian Lindner, war das eine Steilvorlage. "Wie fördert man Verdrossenheit und Populismus? Frau Kraft, weiß genau, wer SPD-Kanzlerkandidat wird, und bis Februar wird Theater gespielt", sagte Laschet. FDP-Spitzenmann Lindner warf der SPD vor, die Wähler zu verschaukeln. "Entweder ist die Aussage von Frau Kraft nur Wichtigtuerei, oder die SPD führt die deutsche Öffentlichkeit an der Nase herum."

Und auch in der SPD stieß die Äußerung auf Unverständnis. Zwar reagierte die Partei gestern offiziell gelassen auf die Meldung aus Düsseldorf, während die NRW-Staatskanzlei die Kraft-Äußerung bestätigte: Die Union habe sich viel Zeit gelassen, um die erneute Kandidatur von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu verkünden, da komme es bei der SPD nun auch nicht mehr auf wenige Wochen an, hieß es aus dem Willy-Brandt-Haus in Berlin. Hinter vorgehaltener Hand jedoch löste Kraft Ratlosigkeit und Entsetzen in der Führungsetage ihrer Partei aus. Während es einerseits hieß, Kraft habe nicht gelogen, sagte ein Mitglied der SPD-Spitze zu der Äußerung: "Sie erleben mich sprachlos." So etwas nütze der Partei keineswegs.

Schweigen bis Januar

Denn theoretisch ist der Plan ja eindeutig, die interne Verabredung klar: Die SPD will sich erst Ende Januar dazu äußern, wer als Kanzlerkandidat in den Bundestagswahlkampf geht. Bis dahin soll, abgesehen von den üblichen Textbausteinen, geschwiegen werden. So weit, so verständlich. Doch die Praxis sieht ganz anders aus, das zeigen neben Krafts Äußerung auch andere Zitate der SPD-Spitze allein in den vergangenen drei Tagen.

Da bringt Parteichef Sigmar Gabriel höchstpersönlich Hamburgs Ersten Bürgermeister und Parteivize Olaf Scholz als möglichen Kanzlerkandidaten ins Gespräch, der darüber alles andere als begeistert gewesen sein soll. Und Generalsekretärin Katarina Barley spricht davon, dass bei zwei Kandidaten auch ein Mitgliederentscheid möglich wäre, während Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) das in einem Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel" für "Quatsch" erklärt.

Und wie wird die Kandidatur nun aussehen? Das bleibt offen. Doch in Berlin kursiert derzeit ein neues Gerücht für den Fall, dass Gabriel auf die Kandidatur verzichtet. Dann soll er Außenminister werden, EU-Parlamentschef Martin Schulz Parteichef und Kanzlerkandidat und NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin das Bundeswirtschaftsressort von Gabriel übernehmen.


Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir Hannelore Kraft folgendermaßen zitiert: "Ich weiß, wer es wird, aber ich sage es Ihnen nicht." Krafts Sprecher hatte dieses Zitat zunächst bestätigt, später jedoch angegeben, der Dialog habe sich anders abgespielt: "Wissen Sie, wer Kanzlerkandidat wird?" - "Ja."
"Und verraten Sie's uns?" - "Nein."
Auch, wenn sich an der inhaltlichen Aussage dadurch nichts ändert, haben wir uns entschlossen, das Zitat im Text entsprechend anzupassen.

(jd)
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