Streit um Flüchtlingspolitik CDU-Wahlkämpfer verlieren die Geduld mit Merkel

Berlin · Der Druck auf die Kanzlerin wächst: Während sich Innenminister Thomas de Maiziere für eine Wohnortpflicht für Flüchtlinge ausgesprochen hat, verlieren die CDU-Wahlkämpfer in der Flüchtlingskrise zunehmend die Geduld mit Angela Merkel.

 Julia Klöckner und Angela Merkel.

Julia Klöckner und Angela Merkel.

Foto: dpa

Nach dem weitgehend ergebnislosen EU-Gipfel verlangten die Spitzenkandidaten in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, Julia Klöckner und Guido Wolf, die umgehende Einführung tagesaktueller Flüchtlingskontingente wie in Österreich.

Merkel setzt nun auf einen Durchbruch bei einem EU-Sondergipfel Anfang März mit der Türkei. Im Widerspruch zu CDU-Bundesvize Klöckner attackierte Unionsfraktionschef Volker Kauder die Flüchtlingspolitik Österreichs und mehrerer osteuropäischer Länder scharf.

Scheitere Europa an der Verteilung der Lasten, wäre der Kontinent für Jahrzehnte schwer beschädigt, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. "Die Kanzlerin kommt voran. Aber viele Staaten machen es ihr auch extrem schwer", beklagte Kauder.

Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff, in dessen Land am 13. März ebenfalls gewählt wird, glaubt nicht an eine europäische Lösung: "Die Bundeskanzlerin kämpft zwar mit großem Einsatz für eine europäische Lösung, die liegt aber außer Sichtweite", sagte er der "Bild am Sonntag".

Merkels Vertrauter, Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU), will von einem Kurswechsel nichts wissen. Lösungen mit der Türkei und Griechenland zur Sicherung der EU-Außengrenzen seien absehbar:
"Deshalb sollten wir nicht kurz vor dem Ziel die Flinte ins Korn werfen", betonte er in der "Welt am Sonntag".

CSU-Chef Horst Seehofer wiederholte seinen Ruf nach einer jährlichen Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen im Jahr: "Das ist eine Größenordnung, die von der Bevölkerung akzeptiert wird und auch verkraftbar ist", sagte er der "Eßlinger Zeitung".

CDU-Bundesvize Klöckner und Wolf verlangten auch den Aufbau von Grenzzentren zur Verteilung von Flüchtlingen, was die SPD bereits verworfen hat. Eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen bedeute sowohl "Herz und Härte, schwierige Entscheidungen und auch Leid. Zu zögern, nicht zu handeln, wird letztlich jedoch noch mehr Schaden und Schmerz verursachen", erklärten Klöckner und Wolf.

In Baden-Württemberg liefert sich die CDU Umfragen zufolge ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Grünen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Dieser kritisierte Klöckner und Wolf: "Gerade jetzt müssen wir zusammen mit der Kanzlerin dafür eintreten, dass der Gipfel zum Erfolg wird, jedwede Störfeuer sollten unterlassen werden", sagte Kretschmann der dpa.

Die SPD warf Klöckner vor, mit Alleingängen Merkels Autorität in Europa zu untergraben. Das sei verantwortungslos: "Wer solche Stellvertreter hat, braucht keine Feinde mehr", sagte Barley der dpa.

Einigkeit gibt es in der Koalition über eine Wohnortauflage für Flüchtlinge. "Eine Wohnortzuweisung für Flüchtlinge halte ich für dringend geboten, um Ballungsräume von den Risiken einer Ghettobildung zu entlasten", sagte Innenminister Thomas de Maizière der "Welt am Sonntag". Die SPD wäre mit dabei. Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte: "Eine Wohnortzuweisung für einen gewissen Zeitraum kann ein sinnvolles, ergänzendes Instrument sein, wenn es richtig ausgestaltet ist."

(felt/dpa)
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