Prozess um Christian Wulff Der Zeuge Glaeseker weiß von nichts

Hannover · Als der Zeuge Olaf Glaeseker den Gerichtssaal betrat, wirkte der Angeklagte Christian Wulff wie versteinert. Aber mit jeder Minute entspannten sich die Gesichtszüge des früheren Bundespräsidenten ein wenig mehr.

Olaf Glaeseker sagt gegen Christian Wulff aus
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Der Mann, den Wulff einst als seinen engsten Berater und "siamesischen Zwilling" rühmte, den er dann aber fallen ließ, berief sich am Mittwoch vor dem Landgericht Hannover weitgehend auf Unkenntnis. Die Männerfreundschaft ist längst zerbrochen, beide müssen sich in getrennten Prozessen gegen Korruptionsvorwürfe wehren. Aber Glaeseker zumindest tritt öffentlich nicht nach.

"Ich weiß darüber gar nichts", sagte Olaf Glaeseker, als er zu den strittigen Aktivitäten früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff zu Gunsten des mitangeklagten Filmmanagers David Groenewold befragt wurde. Als Regierungssprecher sei er überhaupt nicht mit Vorgängen zur Filmförderung in der Staatskanzlei befasst gewesen.

Ob Anstand oder Berechnung, vielleicht spielten beide Beweggründe eine Rolle. Am 10. Februar nämlich wird Wulff seinerseits als Zeuge im Glaeseker-Prozess aussagen müssen. Und es wird dann wie auch im Wulff-Prozess erneut um die Frage gehen, ob es immer nur um Freundschaft gegangen ist oder ob nicht am Ende Groenewold Wulff und der Eventmanager Manfred Schmidt Glaeseker geschmiert hat.

Laut Anklage wollte Groenewold Wulff einspannen, damit der Siemens-Konzern eines seiner Filmprojekte fördert. Dafür soll er dem Ehepaar Wulff zum Teil ein München-Besuch inklusive Oktoberfest bezahlt haben. Und der Partymacher Schmidt soll ganz ähnlich Glaeseker zur Sponsorenwerbung für drei seiner Veranstaltungen eingesetzt haben, im Gegenzug soll es Freiflüge und kostenlose Aufenthalte in Schmidts Urlaubsdomizilen in Spanien und Frankreich gegeben haben. Im Wulff-Prozess geht es um Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme, im Glaeseker-Prozess sogar um den Vorwurf von Bestechung und Bestechlichkeit.

Wulff hatte in seinen polizeilichen Vernehmungen den Eindruck erweckt, er habe wenig oder nichts gewusst von der engen Freundschaft zwischen Glaeseker und Schmidt, Urlaube inklusive. Er wird dies als Zeuge womöglich relativieren - denn inzwischen hat seine Ex-Frau Christiane Wulff ausgesagt. Sie machte mit der gemeinsamen Tochter Annalena gemeinsam mit den Glaesekers bei Schmidt Urlaub und war sich sicher, dass das auch ihr damaliger Mann wusste.

Von Schmidt weiß man dank der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, dass er Hunderttausende Euros mit den drei fraglichen Promipartys im Rahmen des sogenannten Nord-Süd-Dialog verdient hatte. Schirmherren der Veranstaltungen waren die beiden damaligen CDU-Ministerpräsidenten Günther Oettinger und eben Christian Wulff.

Bei Groenewolds Firma Odeon Film dagegen wurde gerade die Luft dünn, als der Filmmanager im Herbst 2008 für Teile der Kosten der München-Visite von Bettina und Christian Wulff aufkam. Rund 720 Euro übernahm er, rechnete die Staatsanwaltschaft aus.

Die von Wulff erhoffte Hilfe, so schilderte es am Mittwoch die damalige Sekretärin Groenewolds, "war fast überlebenswichtig für die Odeon". Als der Verteidiger Groenewolds dazwischen fährt, schwächt sie eingeschüchtert die Formulierung ab: Die angestrebte Unterstützung durch Siemens sei für das Unternehmen "wirtschaftlich sehr bedeutsam gewesen".

Klar geworden ist bislang in beiden Prozessen durch zahllose Zeugenvernehmungen, dass tatsächlich sowohl Wulff mit Groenewold und Glaeseker mit Schmidt schon über Jahre befreundet waren, ehe es zu den Vorgängen kam, die sie letztlich auf die Anklagebank brachten.

Während aber im Wulff-Prozess der Vorsitzende Richter Frank Rosenow jetzt ein Urteil für den 27. Februar anstrebt, legte die Vorsitzende Richterin Renata Bürgel im Prozess gegen Glaeseker Termine bis hinein in den April. Und mit dem heutigen EU-Kommissar Oettinger und Moderatorin Sabine Christiansen sind auch weitere prominente Zeugen geladen.

(AFP)
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