Partei räumt Fehler ein CSU rudert zurück und rückt von umstrittener Deutsch-Forderung ab

Berlin · Nach heftigen Protesten und Unverständnis aus allen gesellschaftlichen Schichten rückt die CSU offenbar von ihrer umstrittenen Forderung ab, wonach Zuwanderer in der Familie Deutsch sprechen sollten.

CSU: Deutschpflicht im Wohnzimmer ist eine peinliche Provokation
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"Das Sprachdiktat zeugt allenfalls von kleinkariertem, provinziellem Denken"

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"Ich kannte den Entwurf nicht und war von der konkreten Formulierung selbst überrascht", erklärte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU) der Berliner "tageszeitung". "Diese Formulierung war missverständlich und unglücklich, sie wird jetzt geändert. Das war ein Fehler, das muss man offen einräumen".

Mit der Formulierung, die von der CSU-Landesleitung in Bayern stammt, geht Mayer hart ins Gericht: "Eine Partei wie die unsere, die sich ins Stammbuch geschrieben hat, dass sie freiheitlich gesonnen ist und die Familien stärken will, tut gut daran, die Leute nicht zu bevormunden, welche Sprache sie zu Hause sprechen. Es geht uns darum, Einwanderer zu motivieren, neben der Muttersprache Deutsch zu lernen und zu sprechen - nicht, sie zu gängeln", sagte Mayer.

Sowohl aus den eigenen Reihen als auch von der Opposition war der Vorschlag kritisiert worden. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), nannte die CSU-Forderung am Montag im ZDF-Morgenmagazin absurd. "Wer soll das denn überprüfen?", fragte die stellvertretende SPD-Vorsitzende. Nach Angaben der Integrationsbeauftragten Özoguz zeigen wissenschaftliche Erkenntnisse eindeutig, dass Eltern mit ihren Kindern die Sprache sprechen sollten, die sie am besten beherrschen.

Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl betonte ebenfalls, er halte nichts von der Forderung der Schwesterpartei CSU.
Auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber sprach sich dagegen aus.

In dem entsprechenden Leitantrag für den CSU-Parteitag am kommenden Wochenende in Nürnberg hatte es geheißen: "Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen."

Merkel: Zweisprachige Erziehung sinnvoll

Derweil hat CDU-Chefin Angela Merkel angesichts der umstrittenen CSU-Forderung zum deutschen Sprachgebrauch in Zuwandererfamilien die Vorteile zweisprachiger Erziehung unterstrichen. "Gute Deutschkenntnisse gehören zur Integration dazu", sagte die Kanzlerin am Montag beim Hallenrundgang vor dem am Dienstag beginnenden CDU-Parteitag in Köln. "Allerdings ist es auch kein Fehler, wenn Kinder zum Beispiel zweisprachig aufwachsen und eine Fremdsprache weniger lernen müssen. Ich halte das insgesamt für einen Vorteil."

Zur Debatte über die Schwesterpartei äußerte sich Merkel zurückhaltend: "Die CSU hat ja selbst gesagt, dass sie die Textformulierungen sich nochmal anschauen wird. Also warten wir das mal ab."

Deutsche Sprache, schwere Sprache

Das hat die von der CSU ausgelöste Debatte über die Deutsch-Pflicht für Zuwanderer wieder gezeigt. Denn wie schreibt man eigentlich "Deutsch" - groß oder klein? Die CSU bevorzugt die Kleinschreibung. In ihrem Leitantragsentwurf steht: "Wer dauerhaft hier leben will, soll motiviert werden, im täglichen Leben deutsch zu sprechen." Treffender wäre es wohl, "Deutsch" in diesem Fall großzuschreiben, meint die Sprachwissenschaftlerin Sabine Krome. Denn die Kleinschreibung antworte auf die Frage: Wie spricht man? ("Er spricht nicht undeutlich, sondern deutsch.") Die Großschreibung antworte dagegen auf die Frage: Was spricht man? ("Er spricht nicht Türkisch, sondern Deutsch.") Also: Wer das Deutsche hochhalten will, sollte es nicht kleinschreiben.

(KNA)
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