Kritik an SPD-Forderungskatalog CSU signalisiert bei Familiennachzug Gesprächsbereitschaft

Berlin · Im Streit um den Familiennachzug für Flüchtlinge könnte die Union vor den Sondierungen mit der SPD einlenken: Über Härtefälle könne man reden, sagte Bayerns Innenminister Herrmann. Gleichzeitig werden Klagen über immer neue Forderungen der Sozialdemokraten laut.

 Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (r.) und sein Innenminister Joachim Herrmann.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (r.) und sein Innenminister Joachim Herrmann.

Foto: dpa, shp lof sja

Nach dem Kompromissvorschlag des stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Laschet äußerte auch Bayerns Innenminister Herrmann (CSU) im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" Entgegenkommen.

Zwar bekräftigte Herrmann "das klare Ziel" der Union, den Familiennachzug bei subsidiär Geschützten über März 2018 hinaus auszusetzen. "Stimmt dieser Rahmen, kann man über bestimmte Härtefälle sicherlich reden", sagte Herrmann weiter. Dabei dürfe aber "die Obergrenze von 200.000 Zuwanderern jährlich nicht überschritten werden".

Auslöser der neuen Debatte war eine Äußerung Laschets. In einem Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio hatte Laschet seine Partei aufgefordert, der SPD bei der Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem subsidiärem Schutz entgegenzukommen. Als mögliche Grundlage für einen Kompromiss nannte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, das die Bundesregierung verpflichtet hatte, einem 16-jährigen minderjährigen Flüchtling den Familiennachzug zu ermöglichen.

Knapp zwei Wochen vor den Sondierungsgesprächen zwischen Union und SPD empört sich der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) über immer neue Forderungen aus der SPD. "Hier sind etliche Genossen unterwegs, die mit Maximalforderungen offenbar die Gespräche unmöglich machen wollen", sagte er der "Bild"-Zeitung.

SPD-Chef Martin Schulz bescheinigte er ein massives Führungsversagen. "Martin Schulz sollte hier für Ordnung sorgen oder klar sagen, wenn er ein Scheitern will. Ich kann die SPD nur auffordern, zur Vernunft zurückzukehren."

Vom 7. Januar an will die Union mit der SPD die Möglichkeit einer Regierungsbildung sondieren. Die SPD betont, dass daraus nicht zwangläufig eine weitere große Koalition werden muss. Man spreche auch über andere Möglichkeiten - etwa indem die SPD eine Regierung ohne eigene Mehrheit duldet. CDU-Chefin Angela Merkel lehnt solche Modelle ab. Über einen weiteren Anlauf für Jamaika, also Schwarz-Gelb-Grün, will die FDP derzeit nicht sprechen, sondern erst nach der nächsten Bundestagswahl.

Zur Diskussion über eine Neuausrichtung der CDU sagte Kretschmer, der Kurs werde in Zukunft wieder konservativer. Er halte es "für gesund und normal", dass die Mitglieder nicht komplett deckungsgleich mit der Parteiführung agierten, sagte er unter Bezug auf eine Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, wonach sich die Mehrheit der Unionsmitglieder rechts von der eigenen Partei einordnet.

Ein klarer ordnungspolitischer Kompass helfe auch bei den Verhandlungen mit der SPD, sagte Kretschmer. Alles Geld, das ausgegeben werden soll, müsse zunächst erarbeitet werden. "Damit lässt sich der größte Teil des Unfugs, der jetzt von der SPD in Umlauf gesetzt wird, abwehren. Wir brauchen ein Zukunftsprogramm mit Digitalisierung, Breitbandausbau, Forschung und Entwicklung."

Der Aufschwung Ost in den neuen Ländern sei nicht mit Bürokratie geschafft worden, sondern mit Freiheit. "Im Klartext: Wir müssen überbordende Bürokratie und Regulierungen abbauen, die in der letzten GroKo entstanden sind."

Der Vorsitzende der CDU-Sozialausschüsse und nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann wies Rufe des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner und seines Stellvertreters Wolfgang Kubicki nach einem personellen Neuanfang in der CDU zurück. "Das können die ja wollen", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Aber ich glaube, dahinter steckt das schlechte Gewissen, dass sie Jamaika haben platzen lassen." Laumann fügte hinzu: "Frau Merkel ist in der CDU völlig unumstritten. Und wir sind froh, dass wir sie haben."

Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, rügte ebenfalls einige der SPD-Forderungen, darunter die nach einem Rückkehrrecht von Teil- in Vollzeit. "Es kann doch nicht sein, dass die Beschäftigten allein und spontan bestimmen, wann sie kürzer treten oder zur Vollzeit zurückkehren wollen", sagte der frühere CDU-Politiker der "Rhein-Neckar-Zeitung". Auch eine Bürgerversicherung lehnte er ab.

(csr)
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