Beratung in Wildbad Kreuth CSU will härter gegen Armutsmigranten vorgehen

München/Berlin · Die Christsozialen beziehen klar Stellung: Die CSU will auf ihrer Klausur Anfang Januar in Wildbad Kreuth einen schärferen Kurs gegen Armutszuwanderer aus EU-Staaten beschließen.

So soll ihnen der Zugang zum deutschen Sozialsystem erschwert werden. Das geht aus der Beschlussvorlage hervor, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt und über die zuerst die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte. Anlass sind Befürchtungen, die von Januar an geltende Arbeitnehmerfreizügigkeit für Rumänen und Bulgaren könnte zu einem verstärkten Zuzug aus diesen Ländern führen.

Nach der Vorlage ist eine generelle Aussetzung des Bezugs von Sozialleistungen für die ersten drei Monate des Aufenthalts zu prüfen. Außerdem will die CSU härter gegen Sozialbetrüger vorgehen. So müsse es in diesem Fall nicht nur eine Möglichkeit zur Ausweisung der Person, sondern auch zur Verhinderung einer Wiedereinreise geben - was auch der bisherige CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich mehrfach gefordert hatte. "Wer betrügt, der fliegt", heißt es in der Vorlage, die auf der Klausur der CSU-Landesgruppe in Kreuth (7. bis 9. Januar) beraten werden soll.

Beide angesprochenen Maßnahmen bewegen sich allerdings schon jetzt im Rahmen der EU-Regeln. So ist ein Gastgeberland nicht verpflichtet, innerhalb der ersten drei Monate des Aufenthalts Sozialleistungen zu gewähren. Auch eine Wiedereinreisesperre ist danach möglich.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte der Zeitung, ihre Partei stehe zur Freizügigkeit in der EU, eine Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme lehne sie jedoch ab. Das Papier wird noch deutlicher. Darin heißt es: "Der fortgesetzte Missbrauch der europäischen Freizügigkeit durch Armutszuwanderung gefährdet nicht nur die Akzeptanz der Freizügigkeit bei den Bürgern, sondern bringt auch Kommunen an die Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit." Es gelte daher, falsche Anreize zur Zuwanderung zu verringern und auf nationaler wie europäischer Ebene Lösungen zu erreichen.

Blick auf Duisburgs "Problemhaus" in Rheinhausen
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Foto: dpa, obe hpl

Vom 1. Januar an gilt die EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit auch für Rumänen und Bulgaren. Dies könnte zu einem verstärkten Zuzug aus diesen Ländern führen. Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) rechnet dem Zeitungsbericht zufolge damit, dass die Zahl der Rumänen und Bulgaren in Deutschland um 100.000 bis 180.000 steigen wird. Derzeit leben hier gut 370.000 Bürger aus den beiden Staaten. Seit langem bereits weisen die Kommunen auf eine drohende Überforderung durch zusätzliche Sozialleistungen hin.

Die IAB-Forscher halten in ihrem neuesten Bericht zum Thema aber auch fest: "Die Zahlen zur Beschäftigung und zum Leistungsbezug rechtfertigen es gegenwärtig nicht, die Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien pauschal als "Armutszuwanderung" zu qualifizieren." Die Probleme konzentrierten sich auf einige strukturschwache Kommunen wie Duisburg, Dortmund und Berlin.

CDU sieht Zuzug positiv

Der stellvertretende Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Andreas Schockenhoff (CDU), sieht in der vollen Freizügigkeit für rumänische und bulgarische Staatsbürger dagegen eine Bereicherung für den deutschen Arbeitsmarkt. "Aufgrund unserer demografischen Entwicklung sind wir auf Zuwanderung angewiesen", sagte Schockenhoff der Zeitung "Die Welt" vom Samstag. Die Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien werde kein großes Problem für den Arbeitsmarkt sein.

Insgesamt hätten sich auch die Befürchtungen nach der EU-Osterweiterung im Jahr 2004 nicht bewahrheitet, sagte Schockenhoff weiter. Mehr Sorgen mache ihm die organisierte Kriminalität, die möglicherweise durch die volle Freizügigkeit auch nach Deutschland schwappe.

Arbeitnehmer aus Rumänien und Bulgarien genießen in der Europäischen Union ab Januar vollständige Freizügigkeit. In der EU gibt es daher eine Debatte über mögliche Armutseinwanderung in reichere Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission legte im Oktober einen Aktionsplan vor, mit dem ein Missbrauch der Sozialsystemen bekämpft werden soll.

Der Plan sieht unter anderem vor, stärker gegen Scheinehen vorzugehen. Zudem soll durch neue Leitlinien einfacher geprüft werden können, ob ein Bürger seinen Wohnsitz tatsächlich in ein anderes EU-Land verlegt und somit Sozialleistungen beantragen darf.

Die EU-Länder sollen außerdem dabei unterstützt werden, Gelder gezielter für die Integration von Minderheiten, etwa von Roma, einzusetzen, damit sie ihre Heimatländer gar nicht erst verlassen. Schließlich will die EU-Kommission eine Studie über die Folgen der Freizügigkeit erstellen.

(dpa/AFP)
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