Piraten-Geschäftsführerin Marina Weisband "Das bringt jede Partei zum Kotzen"

Berlin · Die scheidende Geschäftsführerin der Piraten, Marina Weisband, glaubt nicht, dass ihre Partei derzeit in der Lage sei, in eine Regierung oder eine Koalition einzutreten. Die Piraten lehnten Fraktionszwänge ab und forderten öffentliche Koalitionsverhandlungen. Dies sei für die etablierten Parteien derzeit zu anstrengend.

 Marina Weisband hat die Belastungen des Politbetriebs nach eigenen Angaben unterschätzt.

Marina Weisband hat die Belastungen des Politbetriebs nach eigenen Angaben unterschätzt.

Foto: dapd, Axel Schmidt

"Ich sehe uns nicht in der Regierung, weil wir ein furchtbar nerviger Koalitionspartner wären", sagte Weisband der "Bild"-Zeitung. "Wir müssen erst mal Erfahrungen in einem Parlament sammeln, bevor wir über Regierungsverantwortung nachdenken können", fügte sie hinzu. Derzeit würden die Piraten alle anderen Parteien "zum Kotzen" bringen.

Weisband betonte erneut, dass die Piraten mit einem völlig neuen Konzept ins politische Rennen gehen. "Wir machen Politik nach einem supereinfachen Rezept. Wir spielen mit offenen Karten. Alles was intern passiert, machen wir transparent. Durch dieses Verhalten haben die Menschen wieder Vertrauen in die Politik."

"Da geht es um dicke Eier"

Vorwürfe, dass die Piraten kein inhaltliches Programm hätten, will Weisband nicht gelten lassen. Zu Kernthemen wie dem Urheberrecht oder Hartz IV habe die Partei detaillierte Pläne ausgearbeitet. Schwächen hingegen sieht Weisband noch beim Thema Wirtschaftspolitik.

Dass prominente Piraten in Talkshows bisher ein schwaches Bild abgaben, findet die Geschäftsführerin nicht problematisch. In TV-Shows sei es schwierig politische Inhalte zu transportieren. "Da geht es eher darum, dicke Eier zu haben", so Weisband weiter. Einzelne Spitzenpiraten hätten zudem bisher kein Medientraining gehabt.

Piraten gegen Betreuungsgeld

Deutlich Stellung bezog die 24-Jährige zum Thema Betreuungsgeld, das Weisband ablehnt. "Es schenkt den Besserverdienenden 150 Euro, schafft aber keine Wahlfreiheit. Wahlfreiheit hieße, Krippenplätze auszubauen", so Weisband.

Weisband, die Ende April beim Bundesparteitag der Piraten nicht mehr für einen Vorstandsposten kandidieren wird, sagte weiter, sie wünsche sich eine Veränderung der Politik, damit ein "starkes Nervenkorsett" nicht mehr Voraussetzung für ein Politikerleben sei.

"Wenn wir nur nervenstarke Menschen an die Macht lassen, entstehen Nachteile." Weisband hatte Ende Januar angekündigt, beim Parteitag nicht mehr kandidieren zu wollen. Als Grund nannte sie unter anderem ihre Gesundheit sowie den Wunsch, ihr Studium abschließen zu wollen. Die Anforderungen an Berufspolitiker habe sie unterschätzt.

(csi)
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