Union und SPD einig Deckelung von Dispo-Zinsen vom Tisch

Berlin · Keine neue Schulden ab 2015, aber neue Ausgaben. Wie das die künftige Koalition aus Union und SPD schaffen will, bleibt offen. Klar ist, dass Banken wegen hoher Dispo-Zinsen nicht an die Kandare genommen werden. Es soll bei Warnungen für Bankkunden belassen werden.

Eine Deckelung der seit Jahren hohen Dispo-Zinsen von Bankkunden ist vom Tisch. Union und SPD verständigten sich in ihren Koalitionsverhandlungen stattdessen auf mehr Transparenz und Warnhinweise. Die Inanspruchnahme des Dispositionskredits solle nicht zu einer übermäßigen Belastung eines Bankkunden führen, heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Textentwurf der Arbeitsgruppe Finanzen für einen Koalitionsvertrag.

"Daher sollen die Banken verpflichtet werden, beim Übertritt in den Dispositionskredit einen Warnhinweis zu geben." Bei dauerhafter und erheblicher Inanspruchnahme sollen sie dem Kunden eine Beratung über mögliche kostengünstigere Alternativen anbieten.

Das Papier der Finanzexperten sollte am Donnerstag von der großen Koalitionsrunde abgesegnet werden. Wie bereits bekannt, strebt eine schwarz-rote Koalition danach weiter an, 2015 ohne neue Schulden auszukommen - erstmals seit mehr als vier Jahrzehnten. Bis Ende 2017 sollen die gesamten Staatsschulden auf unter 70 Prozent der Wirtschaftsleistung gedrückt werden - von derzeit rund 80 Prozent.

Weiter offen ist der Finanzrahmen für neue Ausgaben der Koalition. Nicht aufgeführt werden in dem Papier auch vorrangige Maßnahmen. Diese sollen in finaler Runde nächste Woche von den drei Parteichefs vereinbart werden. Dann soll die Koalition stehen.

Die SPD hatte auf einen gesetzlich gedeckelten Dispo-Zinssatz von acht Prozent oberhalb des von der Bundesbank festgelegten Basiszinssatzes gepocht, was die Union ablehnte. Eine schwarz-rote Koalition will "die europäischen Initiativen zum Girokonto für jedermann" unterstützen. Bei der nationalen Umsetzung solle sichergestellt werden, "dass alle Institutsgruppen in angemessener Weise beteiligt sind", heißt es.

Das künftige Regierungsbündnis verzichtet auf große Änderungen des Steuerrechts. "Wenn gesellschaftliche oder wirtschaftliche Entwicklungen es erfordern, muss das Steuerrecht angemessen fortentwickelt werden", heißt es in dem Papier der Arbeitsgruppe unter Vorsitz des amtierenden Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) und Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD).

Schwarz-Rot verständigte sich zumindest auf weitere Maßnahmen zur Steuervereinfachung. Bis zum Veranlagungszeitraum 2017 soll eine vorausgefüllte Steuererklärung für alle Steuerpflichtigen eingeführt werden. Für Rentner und Pensionäre ohne weitere Einkünfte soll diese Möglichkeit mit den bei den Finanzbehörden geführten Daten bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2015 ermöglicht werden.

Angesichts der seit langem andauernden Niedrigzinsen wollen Union und SPD "Lösungsvorschläge" erarbeiten und "im Interesse der Versichertengemeinschaft geeignete Maßnahmen zur Stärkung der Risikotragfähigkeit und Stabilität der Lebensversicherungen treffen".

Im Kampf gegen Steuerbetrug sollen die Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige weiterentwickelt werden, "sofern hierfür Handlungsbedarf aufgezeigt wird". Ein Ansatzpunkt wäre aus Sicht von Union und SPD, "die Wirkung der Selbstanzeige künftig von den vollständigen Angaben zu den steuerrechtlich unverjährten Zeiträumen (zehn Jahre) abhängig zu machen. Der Steuerpflichtige müsste dann, um Straffreiheit für die letzten fünf Jahre zu erlangen, auch für die weiter zurückliegenden fünf Jahre alle Angaben berichtigen, ergänzen oder nachholen.

"Bei systematischen Verstößen von Banken gegen das Steuerrecht kommen aufsichtsrechtliche Sanktionen bis hin zum Lizenzentzug in Betracht", heißt es weiter. Der "Kampf gegen grenzüberschreitende Gewinnverlagerungen international operierender Unternehmen" soll vorangetrieben werden. Sollte es auf internationaler Ebene keine Fortschritte gegen Steuertricks von Konzerne geben, wollen Union und SPD nationale Maßnahmen ergreifen.

Dazu zähle eine Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs für Zahlungen an Briefkastenfirmen. Das Bundeszentralamt für Steuern soll zur zentralen Anlaufstelle der Steuerfahnder weiterentwickelt werden.
Die künftige Bundesregierung tritt zudem für eine Eindämmung der Rohstoff- und Nahrungsmittelspekulation ein und befürwortet die Einführung von Positionslimits auf den Rohstoffmärkten.

(dpa)
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