Treffen mit Yildirim Merkel fordert schnelles Verfahren im Fall Yücel

Berlin · Nach Monaten der Eiszeit wollen Deutschland und die Türkei ihre Kontakte wieder intensivieren. Größter Streitpunkt ist die Inhaftierung des Journalisten Deniz Yücel. Der türkische Ministerpräsident Yildirim äußert sich zurückhaltend.

 Angela Merkel und Binali Yildirim.

Angela Merkel und Binali Yildirim.

Foto: ap, FO

Trotz anhaltender Differenzen wollen Deutschland und die Türkei ihre Beziehungen weiter ausbauen. Beide Seiten hätten gemeinsame Interessen, betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag in Berlin nach einem Gespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim. Sie erinnerte aber auch mit deutlichen Worten an Belastungen für das deutsch-türkische Verhältnis.

Die Inhaftierung deutscher Staatsbürger aus politischen Gründen belastet seit Monaten die deutsch-türkischen Beziehungen. Sechs Deutsche sitzen derzeit noch in türkischen Gefängnissen, unter anderem der Journalist Deniz Yücel. Merkel sagte, sie habe Yildirim "zum wiederholten Male darauf hingewiesen, dass dieser Fall eine besondere Dringlichkeit für uns hat". Die Bundesregierung wünsche sich "ein schnelles und rechtsstaatliches Verfahren". Yücel sitzt seit einem Jahr ohne Anklage in der Türkei im Gefängnis.

Yildirim äußerte erneut die Hoffnung auf einen baldigen Gerichtsprozess. Einen möglichen Termin für das Vorlegen einer Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft und für den Beginn eines Verfahrens nannte er aber nicht: "Ich hoffe, dass seine Verhandlung bald beginnt und es zu einem Ergebnis kommt." Mit Blick auf die lange Inhaftierung Yücels sagte Yildirim, die Gerichte seien besonders seit dem Putschversuch vom Juli 2016 überlastet. Er verwies erneut auf die Unabhängigkeit der Justiz.

Der türkische Ministerpräsident hatte vor seinem Besuch für einen Neubeginn im Verhältnis beider Länder geworben und Hoffnungen auf eine baldige Freilassung von Yücel geweckt. Am Donnerstag rief er dazu auf, dass Fälle wie der von Yücel die bilateralen Beziehungen nicht beeinträchtigen sollten. "Wir wollen nicht, dass diese und ähnliche Angelegenheiten den Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland schaden."

Merkel sagte, sie habe mit Yildirim vereinbart, dass "sowohl auf unserer Ebene als auch in Gesprächen mit dem Staatspräsidenten, Herrn Erdogan, wir unsere Kontakte intensivieren wollen, wenn wir hoffentlich bald in Deutschland eine stabile Regierung haben". Beide Länder seien verbunden etwa durch die türkischstämmigen Migranten, in der Nato, bei der Terrorbekämpfung und auch in wirtschaftlichen Fragen.

Die Bundeskanzlerin übte aber auch Kritik daran, wie die Türkei seit dem Putschversuch vom Juli 2016 gegen mutmaßliche Verdächtige vorgeht. Zwar habe Deutschland den versuchten Staatsstreich verurteilt. Sie habe ihrem Gast aber erklärt, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben müsse und "dass wir uns rechtsstaatliche Mechanismen wünschen". Die Bundesregierung habe in diesem Zusammenhang eine "Vielzahl von Sorgen".

Yildirim sagte mit Blick auf die umstrittene Offensive der türkischen Streitkräfte gegen die Kurdenmiliz YPG im nordsyrischen Afrin, die Türkei schütze mit ihrem Kampf gegen den Terrorismus nicht nur die eigenen Bürger, sondern auch die Grenzen der Nato. Sie verhindere zugleich Flüchtlingsströme nach Europa und ein Ausbreiten der Terrorgefahr auf Deutschland sowie die EU. Auch die Offensive in Afrin diene diesen Zielen. Es gebe keinen Zweifel, dass die YPG der syrische Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK sei.

(dpa)
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