Äußerungen zum Holocaust-Mahnmal "Denkmal der Schande" — AfD-Politiker Höcke fühlt sich missverstanden

Dresden · Björn Höcke bläst nach seinen Äußerungen in Dresden ein wahrer Orkan ins Gesicht. Auch aus den Reihen der AfD kommt Kritik an seiner Geschichtsrevision. Der thüringische AfD-Chef selbst verteidigt seine Rede.

Björn Höcke (AfD) bezeichnete sich am Dienstag selbst als unbequemen Redner.

Björn Höcke (AfD) bezeichnete sich am Dienstag selbst als unbequemen Redner.

Foto: ap, JM

Der Thüringer AfD-Vorsitzende hat jetzt auf die massive Kritik an seinem Zitat über das Berliner Holocaust-Mahnmal reagiert. Er schrieb am Mittwoch auf der Internetseite der thüringischen AfD-Fraktion, die Berichterstattung über seine Äußerungen seien "bösartig und bewusst verleumdende Interpretation".

Höcke hatte auf einer Veranstaltung der Jungen Alternative am Dienstagabend in Dresden den Schuldkomplex der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg angeprangert: "Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat." Zuvor hatte er gesagt, dass eigentlich Dresden die deutsche Hauptstadt sein müsse. Hier seien die ersten Schritte hin zu einer "Fundamentalopposition" getan worden. In Dresden hatte sich 2014 die Pegida-Bewegung gegründet.

Der Zentralrat der Juden und viele Politiker hatten seine Aussagen kritisiert. Als "zutiefst empörend und völlig inakzeptabel" bezeichnete der Zentralrat der Juden die Äußerungen des AfD-Politikers. Höcke trete das Andenken an die sechs Millionen Juden, die in der NS-Zeit ermordet wurden, mit Füßen. Mit seinen Worten relativiere der AfD-Politiker dieses schwerste und in dem Ausmaß einzigartige Menschheitsverbrechen, erklärte der Zentralratsvorsitzende Josef Schuster.

Auch SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel äußerte sich entsetzt. Ihm sei es bei der Rede kalt den Rücken heruntergelaufen, schrieb Gabriel auf Facebook. Dass sich die Deutschen ihrer Vergangenheit gestellt hätten, sei Voraussetzung für weltweiten Respekt. "Nie, niemals dürfen wir die Demagogie eines Björn Höcke unwidersprochen lassen."

Kritik kam auch von Seiten der NRW-AfD. Marcus Pretzell, AfD-Landesvorsitzender der AfD und Ehemann von Frauke Petry, warf Höcke parteischädigendes Verhalten vor. Er treibe zum wiederholten Male "kluge und kritische bürgerliche Wähler" zurück in das Lager der Nichtwähler.

Höcke rechtfertigt seine Rede

Höcke jedoch verteidigte seine Aussagen. "Schuldbewusstsein allein kann keine gesunde Identität stiften, sondern nur eine gebrochene", schrieb er. Die Integrationsprobleme in Deutschland resultierten auch aus dieser "gebrochenen Identität".

Die Bombardierung Dresdens im Februar 1945, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, hatte Höcke ein "Kriegsverbrechen" genannt. "Mit der Bombardierung wollte man nichts anderes, als uns unsere kollektive Identität zu rauben", sagte Höcke. Man habe die deutschen Wurzeln zerstören wollen, und das sei wegen der "systematischen Umerziehung" nach dem Zweiten Weltkrieg auch fast gelungen. "Deutsche Opfer gab es nicht, es gab nur noch deutsche Täter." Das sagte Höcke, kurz bevor er auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin zu sprechen kam.

Weiter sagte der AfD-Politiker, bis jetzt sei der deutsche Gemütszustand der "eines total besiegten Volkes". "Anstatt die nachwachsende Generation mit den großen Wohltätern, den bekannten, weltbewegenden Philosophen, den Musikern, den genialen Entdeckern und Erfindern in Berührung zu bringen, von denen wir ja so viele haben,...vielleicht mehr als jedes andere Volk auf dieser Welt..., und anstatt unsere Schüler in den Schulen mit dieser Geschichte in Berührung zu bringen, wird die Geschichte, die deutsche Geschichte, mies und lächerlich gemacht", sagte Höcke. Es gebe keine moralische Pflicht zur "Selbstauflösung". Für seine Aussagen bekam Höcke mehrfach stehenden Beifall.

"Erbärmliche Apparatschiks"

Die Vertreter der etablierten Parteien nannte Höcke "erbärmliche Apparatschiks, die nur ihre Pfründe verteilen wollen". Die Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker anlässlich des 40. Jahrestags zum Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1985 sei "gegen das eigene Volk gerichtet" gewesen. Damals sprach Weizsäcker erstmals vom 8. Mai als "Tag der Befreiung".

Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sprach von "völkischer Hetze". Mit diesen "rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Thesen und Tiraden" vergifte die AfD die politische Kultur, sagte Knobloch in einem am Mittwoch vorab veröffentlichten Interview mit der "Heilbronner Stimme". Es drohe eine "Rolle rückwärts, eine braune Renaissance ungeahnten Ausmaßes".

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Diether Dehm hat gegen den Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke wegen dessen Äußerungen zum Holocaustmahnmal Strafanzeige gestellt. Das teilte Dehm am Mittwoch in Berlin mit. Höcke zeige, dass "Geschichtsrevisionisten und rechtsextreme Chauvinisten" bei der AfD ihr neues Zuhause finden sollten, sagte der Linken-Politiker.

(heif)
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