Sarrazin-Debatte Der Druck auf Migranten nimmt zu

Berlin (RPO). In der Sarrazin-Debatte richtet sich der Fokus zunehmend auf konkrete Schritte zur Verbesserung der Integrationspolitik. Vor allem Unionspolitiker fordern strikte Sanktionen gegen integrationsunwillige Migranten. Die rechtlichen Möglichkeiten dazu gibt es schon lange.

Presse: Sarrazin hat es geschafft
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Foto: ddp

Die Auseindersetzung über nötige Nachbesserungen in der Integrationspolitik nimmt Konturen an. Am Montag beherrschen vor allem die Rufe nach mehr Sanktionen die Debatte. Zuvor war in erster Linie der Komplex Bildung diskutiert worden. Kritiker werfen der Regierung vor, in der Integrationsfrage viel zu lange untätig geblieben zu sein. Noch in diesem Jahr will die Bundesregierung einen "Aktionsplan Integration" vorlegen. Die Debatte im Überblick.

Rufe nach Sanktionen werden lauter

Die Sanktionsmöglichkeiten müssten "konsequent angewandt werden", forderte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe in der "Leipziger Volkszeitung" vom Montag. "Zu unserer Politik gehören verpflichtende Integrationskurse und Einbürgerungstests", betonte Gröhe. Wer dies hartnäckig verweigere, gegen den müssten die Sanktionsmöglichkeiten "konsequent angewandt werden".

Ähnlich argumentierte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU). Wenn Kinder von Migranten nicht in die Kita oder Schule geschickt würden, müsse dies "mit Hartz-IV-Kürzungen sanktioniert werden", forderte er im Gespräch mit unserer Redaktion.

Vizeregierungssprecher Christoph Steegmans bestätigte am Montag, dass bei Ausländern, die bereits länger in Deutschland seien und ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, die Hartz-IV-Leistungen gekürzt werden können.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner verwies in der "Neuen Presse" darauf, dass in Berlin diejenigen, die das Schulschwänzen der eigenen Kinder tolerierten, mit einem Bußgeld von bis zu 2500 Euro rechnen müssten. Dies sei auch für andere Bundesländer durchaus nachahmenswert.

Es geht um die, die sich verweigern

Nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gibt es "vielleicht zehn bis 15 Prozent wirkliche Integrationsverweigerer". Auch er hatte sich am Sonntagabend im "Bericht aus Berlin" der ARD für Sanktionen ausgesprochen, wenn etwa die Teilnahme an Integrationskursen nachhaltig verweigert werde.

Ein Ministeriumssprecher sagte am Montag, die Sanktionen könnten so weit gehen, dass Aufenthaltstitel, zu denen auch eine Aufenthaltsgenehmigung gehört, nicht verlängert werden.

Auch Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin (SPD) selbst forderte am Montag, mehr Druck auf Zuwanderer auszuüben. "Wir brauchen Integration durch Arbeit und beruflichen Aufstieg", sagte Sarrazin am Montag während einer Podiumsdiskussion in Berlin.

Dies müsse vor allem ein Prozess des Forderns sein. "Bei Leistung darf es keinen Rabatt geben", fügte Sarrazin hinzu. Die Einführung von Zielvorgaben für Zuwanderer beispielsweise am Arbeitsmarkt lehnte der Banker weitgehend ab. "Quoten kommen nur als allerletzter Notbehelf infrage."

Staat will mit Zuwanderern Vereinbarungen schließen

Mit Druck alleine ist es aus Sicht der ehemaligen Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) nicht getan. Sie plädierte vielmehr für mehr Integrationsanreize. "Kontrolle muss auch sein", sagte Süssmuth. Vor allem aber müssten bestimmte Zuwanderergruppen in die Lage versetzt werden, zu lernen, Eigenverantwortung zu übernehmen.

Die familiäre und außerfamiliäre Erziehung müsse stärker zusammengeführt werden, ergänzte die CDU-Politikerin. Bildung sei für erfolgreiche Integration ganz entscheidend. Süssmuth forderte eine sachliche Integrationsdebatte. "Insgesamt brauchen wir "mehr Anreize, weniger Reden, mehr Handeln", betonte Süssmuth.

Angesichts der Diskussionen über Defizite in der Integrationspolitik kritisierte die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU), die Bundesregierung sei "viel zu langsam und setzt nicht das um, was wir schon wissen". "Wir tun so, als ob wir uns das erste Mal damit befassen", sagte sie dem "Tagesspiegel" vom Montag.

Böhmer fordert Integrationsvereinbarungen

Integrations-Staatsministerin Maria Böhmer (CDU) kündigte im Nachrichtenmagazin "Focus" an, der Staat wolle künftig Integrationsvereinbarungen mit Neuzuwanderern schließen. Ein Testlauf soll in den kommenden Monaten starten.

In diesen Verträgen will Böhmer "verbindlich festschreiben, was der Staat den Menschen zu bieten hat, aber auch was sie im Gegenzug zu leisten haben - mit Sprachkursen oder Fortbildungen zum Beispiel".

Entscheidend für die Integration von Migranten seien Spracherwerb und Bildung, betonte auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Wenn hier nicht genug getan werde, seien "die Probleme vorprogrammiert", sagte sie im Deutschlandfunk. Deshalb wolle die Regierung mehr Geld für die Bildung bedürftiger Kinder bereitstellen.

Statt eine Debatte über Genetik und vererbbare Intelligenz zu führen, solle man sich darauf konzentrieren, wie die Integration besser gelingen könne, kritisierte von der Leyen.

(AFP/dapd/kna)
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