Siegfried Kauder aus der CDU ausgetreten Der "kleine Kauder" setzt Querelen selbst ein Ende

Villingen-Schwenningen · Nach 45 Jahren ist der 62 Jahre alte Bruder von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) aus der Partei ausgetreten. Dort ist die Erleichterung groß. Kauder, seit 2002 Abgeordneter und 20 Jahre lang CDU-Kreischef, war zur Last geworden.

 Nicht mehr als Geschwisterpaar im Bundestag: Volker Kauder (links) und sein Bruder Siegfried.

Nicht mehr als Geschwisterpaar im Bundestag: Volker Kauder (links) und sein Bruder Siegfried.

Foto: dpa, Patrick Seeger

Nach 45 Jahren ist der 62 Jahre alte Bruder von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) aus der Partei ausgetreten.
Dort ist die Erleichterung groß. Kauder, seit 2002 Abgeordneter und 20 Jahre lang CDU-Kreischef, war zur Last geworden.

Der Querkopf Siegfried Kauder bleibt sich auch in den Stunden des Abschieds treu: Kein Wort an frühere Weggefährten und Parteifreunde, kein Wort an die Medien und die Wähler. Der CDU-Rebell und langjährige Bundestagsabgeordnete aus dem Schwarzwald schweigt. Er ist nicht zu sprechen - für niemanden, lässt er am Freitag die Sekretärin in seinem mit dem Bundesadler geschmückten Wahlkreisbüro in Villingen-Schwenningen ausrichten.

Die Differenzen zwischen dem "kleinen Kauder" und der CDU hatten der Partei im Bundestagswahlkampf unschöne Schlagzeilen beschert. CDU-Größen wie der Landesvorsitzende Thomas Strobl und auch der eigene Bruder stellten sich gegen Siegfried Kauder und forderten den Parteiausschluss.

Der 62-Jährige, der politisch stets im Schatten seines mächtigen Bruders stand, mochte sich nicht mit dem Ende seiner politischen Karriere abfinden. Seine Partei wollte ihn nicht mehr und hatte ihm mit deutlicher Mehrheit die Nominierung verweigert. Deshalb kämpfte er mit harten Bandagen gegen seine CDU.

Zur Bundestagswahl am Sonntag ging er als Einzelbewerber ins Rennen und stellte sich damit gegen den offiziellen CDU-Kandidaten Thorsten Frei (40). Die CDU wollte Kauder daher aus der Partei werfen.

Kauder ergreift die Initiative

Diesem Schritt kommt Kauder nun zuvor. Er verlässt die Partei nach viereinhalb Jahrzehnten. Seine Entscheidung überrascht. Der Jurist aus dem Schwarzwald wollte kämpfen bis zuletzt. Für einen Ausschluss gebe es keine rechtliche Grundlage, notfalls werde er vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, hatte er vor der Wahl erklärt.

Möglicherweise hat ihn das Wahlergebnis vom Sonntag überzeugt. Den Kampf um das Direktmandat in seinem Wahlkreis verlor Kauder haushoch: Er holte nur 3,0 Prozent der Erststimmen. Konkurrent Frei erreichte stolze 56,7 Prozent und sitzt nun im Bundestag.

In der Partei war Kauder zuletzt isoliert. Er kämpfte alleine gegen alle. In seinem Wahlkreis im südlichen Schwarzwald war er lange unangefochten die Hauptfigur. Doch in den vergangenen zwei Jahren gingen immer mehr Parteifreunde auf Distanz.

Der Streit eskalierte, als der Christdemokrat Mitarbeiter feuerte, darunter die altgediente Kreisgeschäftsführerin. Sie wurde von ihrem Chef mit einem Hausverbot belegt - ohne Begründung. Sein Büro verlegte der Abgeordnete kurzerhand von der CDU-Geschäftsstelle in seine Anwaltskanzlei. Die Partei erfuhr davon aus der Zeitung.

Als Kauder eine parteiinterne Schlichtung scheitern ließ und damit den als Schlichter eingesetzten früheren Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU) öffentlich bloßstellte, hatte er bei der Basis kaum noch Rückhalt. Dass er sich als Vorsitzender des Rechtsausschusses im Bundestag parteiübergreifend Respekt erarbeitet hatte, interessiert da niemanden mehr.

Auch Klaus Panther, Ehrenvorsitzender der Kreis-CDU und Weggefährte Kauders, versteht die Welt nicht mehr. "Es ist eine menschliche Tragödie." Kauder habe sich menschlich stark verändert, sei eigenmächtig und eigenwillig geworden. "Wir sind nicht mehr an ihn rangekommen, auch sein Bruder nicht." Dass der 62-Jährige gesundheitliche Probleme hatte, stand öffentlich im Raum. Kauder dementierte zwar, politisch geholfen hat es ihm aber nicht.

(dpa)
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