Christian Wulff seit 100 Tagen im Amt Der umstrittene Integrations-Präsident

Berlin (RPO). Er wollte die Integration zu seinem Thema machen. 100 Tage ist es nun her, seit Christian Wulff sein Amt als Bundespräsident angetreten hat. Und tatsächlich ist es ihm gelungen, das Thema Integration mit seiner Person zu verbinden - allerdings nicht bei jedem im positiven Sinne.

Wulff lädt ins Bundespräsidentenbüro
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Berlin (RPO). Er wollte die Integration zu seinem Thema machen. 100 Tage ist es nun her, seit Christian Wulff sein Amt als Bundespräsident angetreten hat. Und tatsächlich ist es ihm gelungen, das Thema Integration mit seiner Person zu verbinden - allerdings nicht bei jedem im positiven Sinne.

"Wenn wir weniger danach fragen, wo einer herkommt statt wo er hin will", dann werde das Zusammenleben leichter. Mit diesen Worten zeigte Wulff in seiner Antrittsrede, was ihm am Herzen liegt: die Integration. Als Ministerpräsident von Niedersachsen holte er bereits die erste türkisch-stämmige - und auch die erste ostdeutsche - Ministerin in sein Kabinett und erntete dafür viel Lob.

Doch in seinem Amt als Bundespräsident war er zunächst zurückhaltend. Was allerdings der Koalition nach dem streitbaren Vorgänger Horst Köhler durchaus recht gewesen sein wird. Denn gerade von dieser Seite wünschte man sich einen erfahrenen Politprofi in dem Amt und nicht einen ständigen Querulanten.

Das ist Wulff zunächst gelungen. Doch nun ist es ausgerechnet sein Thema, das ihn zu einer Zielscheibe politischer Kritik macht. Denn in seiner ersten großen Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit setzte er geschickt auf die Integration - das Thema, das seit Wochen die deutschen Gemüter beschäftigt.

Die muslimischen Gemüter beruhigt

Wulff hatte erklärt, neben dem Christen- und dem Judentum gehöre der Islam "inzwischen auch zu Deutschland". Mit diesen Worten wollte sich Wulff als Brückenbauer etablieren. Und die Muslimen in Deutschland verstanden diese Botschaft.

So lobte etwa der Zentralrat der Muslime die Worte, ebenso wie die Türkische Gemeinde. Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, sagte etwa: "Der Bundespräsident ist mein Bundespräsident geworden."

Nach der Diskussion um Thilo Sarrazin und seinen umstrittenen Thesen hat Wulff mit seiner Rede die Gemüter beruhigt — zumindest die muslimischen. Denn kaum verklungen, wehrten sich schon Politiker gegen seine Worte. Während die Kanzlerin und Umweltminister Norbert Röttgen Wulff unterstützen, hagelt es etwa aus den Reihen der CSU Kritik.

Damit wird deutlich: Wulff hat in ein politisches Wespennest gestochen. Denn wie Integration tatsächlich erfolgreich bewältigt werden kann, war auch nach der Diskussion um Sarrazin nicht wirklich klar. Als die Debatte langsam abklang, brachte sie der Bundespräsident erneut auf.

Bürger unzufrieden

Es ist auch nicht das erste Mal in seiner Amtszeit, dass der Niedersachse Kritik einstecken muss. Als er den Bundesbank-Vorstand bat, die Sache Sarrazin zu klären, galt das als unzulässige Einmischung. Als er an Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland appellierte, unabhängig der Schuldfrage zu seiner politischen Verantwortung zu stehen, war auch das umstritten.

Und so zeigt Wulff an einigen Stellen doch Profil gegen Schwarz-Gelb. Den Bürger selbst aber scheint er dabei noch nicht eingefangen zu haben. Und das unterscheidet ihn von seinem Amtsvorgänger Köhler. Der wollte unbequem sein und tat dies — indem er in die Bevölkerung hineinlauschte und immer wieder diese Sorgen thematisierte.

Bei Wulff ist dies anders. Denn gerade beim Thema Integration ist die Bevölkerung gespalten wie bei kaum einem anderen. Und so wundert es nicht, dass laut einer aktuellen "Stern"-Umfrage 34 Prozent der Bürger erklären, dass sie mit seiner Arbeit unzufrieden sind. 29 Prozent sagen sogar, er sei schlechter als Köhler.

Und so darf Wulff bei seinem Integrationsthema eines nicht außer Acht lassen: nämlich die Bürger mit einzubeziehen, wie er es in seiner Antrittsrede sagte, und eben auch die ärmeren Bevölkerungsschichten. Denn neben der Integration ist es gerade Hartz IV und die Angst vor einer neuen Krise, die die Bürger beschäftigt.

Um also tatsächlich Bundespräsident aller sein zu können, reicht es nicht, das Amt des Ministerpräsidenten auf höherer Ebene weiterzuführen, sondern die Bevölkerung zu erreichen und ihnen aus der Seele zu sprechen.

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