Berlin Der Wulff-Kredit folgte dem Porsche-Deal

Berlin · Bundespräsident Christian Wulff sieht "keine Interessenkollision" zwischen dem Kredit der BW-Bank für sein Haus zu Vorzugskonditionen und dem von ihm als Ministerpräsident vorangetriebenen VW-Engagement für Porsche, von dem auch die BW-Bank profitierte. Doch aus neuesten Details über die weitere Abwicklung des Kredites ergeben sich neue Fragen.

Chronologie: Die Affäre Wulff
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Foto: dapd, Michael Sohn

Das Staatsoberhaupt ist sich sicher: Es gebe "keine irgendwie geartete Interessenkollision". So lautete der Kommentar von Christian Wulff zur neuesten Wendung im Wirbel um seinen Hauskredit. Der "Spiegel" stellte eine Verbindung zwischen den überaus günstigen Kreditkonditionen der BW-Bank für Wulff und dem vormaligen Wirken des Ministerpräsidenten Wulff bei der Rettung des Autoherstellers Porsche dar. Das war ganz im Interesse der BW-Bank, die sich zusammen mit ihrer Muttergesellschaft LBBW mit Milliarden bei Porsche gebunden hatte und 2009 einer drohenden Porsche-Insolvenz entgegensah. Wulff verhinderte das als VW-Aufsichtsrat. Monate später bekam er die Vorzugsbehandlung bei seinem Hauskredit. Als "Dankeschön"? Wulff dementiert, aber die niedersächsischen Grünen erahnen "Abgründe", die weitergehende Aufklärung erforderten.

Dabei wollte die Koalition mit Hilfe der Opposition und ihrem ebenfalls in Niedersachsen beheimateten SPD-Chef Sigmar Gabriel die leidige Kreditaffäre mit dem Start ins neue Jahr endlich zu den Akten legen. Sie sehe "keinen Grund, die Debatte fortzusetzen", sagte FDP-Vizechefin Birgit Homburger unserer Zeitung. Der Bundespräsident habe zur Aufklärung und Transparenz beigetragen, indem er etwa Einsicht in die Verträge nehmen ließ und die Bank von der Schweigepflicht entbunden habe. "Das waren weitreichende Schritte", gab Homburger zu Protokoll. Schließlich gehe es auch um die Frage, wie man mit dem Amt des Bundespräsidenten umgehe. "Da haben die Maßstäbe teilweise nicht mehr richtig funktioniert", kritisierte sie.

Doch die BW-Bank, zu der Wulff nach Vermittlungsbemühungen seines Freundes Egon Geerkens Kontakt aufnahm, um den Privatkredit über eine halbe Million Euro aus der Hand von dessen Ehefrau Edith Geerkens abzulösen, war nicht irgendeine Bank. Auf der Suche nach einem Motiv, warum Wulff Kreditkonditionen bekam, von denen Normalsterbliche nur träumen können, rückt nun der 13. August 2009 in den Blick. An dem Tag unterzeichneten die Aufsichtsräte von VW und Porsche eine von Wulff mitentwickelte "Grundlagenvereinbarung", die den in Schieflage geratenen Sportwagenbauer rettete — und die Porsche-Hausbank BW-Bank aufatmen ließ.

Vier Monate später nahm Wulff mit derselben Bank Kontakt auf. Sie stellte ihm 520 000 Euro zur Verfügung — angeblich zu einem Zinssatz zwischen 0,9 und 2,1 Prozent.

Als die Kreditaffäre im Dezember immer höhere Wogen schlug, verwies Wulff am 15. Dezember darauf, dass er diesen im März 2010 vereinbarten Geldmarktkredit "inzwischen" bereits "in ein langfristiges Darlehen festgeschrieben" habe. Nun zu normalen Konditionen, heißt es. Doch Wulff verwechselte, zumindest was die äußere Form angeht, Mitte Dezember Vergangenheit und Zukunft. Wie sich jetzt herausstellte, lag dem Präsidenten zu diesem Zeitpunkt lediglich das Vertragsangebot seit einigen Tagen vor. Nach den Unterlagen der Bank unterschrieb Wulff erst am 21. Dezember 2011. Eingang bei der Bank: 27. Dezember 2011. Beginn der tatsächlichen Festschreibung: 16. Januar 2012. Also erst in zwei Wochen und damit mindestens einen Monat später als von Wulff in seiner schriftlichen Erklärung suggeriert. Gleichwohl hat Wulff in diesem Punkt vom faktischen Ablauf her nichts Falsches erklärt. Denn die Gespräche über die Ablösung des kurzfristigen und rollierenden Geldmarktdarlehens durch ein langfristiges Bankdarlehen hatte Wulff lange vor Bekanntwerden der Kreditaffäre begonnen. Und auch zu einem einvernehmlichen Abschluss gebracht: Am 25. November bereits wurden nach Darstellung von Wulffs Anwalt Gernot Lehr die Konditionen für den neuen Kredit festgelegt. Auch die Bank bestätigte, dass am 25. November der neue Zinssatz schriftlich vereinbart worden sei.

Die Geschichte fängt jedoch früher an. Am 17. August entschied der Bundesgerichtshof, dass Journalisten Einblick in die Grundbuch-Einträge zum Wulff-Haus gewährt werden muss. Freilich spricht das auch gegen ein schlechtes Gewissen Wulffs. Der Rechtsstreit lief da bereits seit vielen Monaten. Hätte Wulff etwas vertuschen wollen, hätte er sich wohl nicht Zeit bis November gelassen, um die Kredit-Ablösung zu konkretisieren.

Internet Die Chronik der Kreditaffäre unter www.rp-online.de/politik

(RP/pst/rm)
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