Wahl-Statistiken stützen Bundeskanzlerin Derzeit spricht viel für Merkel-Sieg

Berlin · Seit 20 Jahren belegen die Sonntagsfragen: Anhand der Stimmung im August vor einem Wahljahr lässt sich voraussagen, ob der jeweilige Regierungschef bleibt oder die nachfolgenden Bundestagswahlen einen Machtwechsel bringen. Derzeit spricht viel für vier weitere Jahre Merkel.

Aus dem Reisetagebuch der Kanzlerin
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Die jüngste Sonntagsfrage von Infratest Dimap sieht ein Patt zwischen den beiden Lagern Schwarz-Gelb und Rot-Grün: Beide kämen auf 41 Prozent. Im Monatsvergleich können Union (jetzt 36 Prozent) und FDP (jetzt fünf Prozent) jeweils einen Prozentpunkt zulegen. Die SPD verliert zwei Punkte und kommt noch auf 28, die Grünen verlieren einen Punkt und liegen nun bei 13. Noch ist nichts entschieden im Hinblick auf eine mögliche Wiederwahl von Schwarz-Gelb im Herbst nächsten Jahres. Aber es sieht noch viel weniger nach Wechselstimmung aus.

Stimmung im August entscheidend

Wie muss die Stimmung im August eines Vor-Wahljahres sein, damit es mit dem Machtwechsel klappt? Ein Vergleich der Sonntagsfragen in den Augustmonaten 2008, 2004, 2001 und 1997 fördert eine verblüffende Gesetzmäßigkeit zu Tage: Wer im folgenden Jahr neu ins Kanzleramt einzog, hatte im Sommer des Vorjahres bereits deutlich die Sympathien auf seiner Seite.

Wir erinnern uns: Im Herbst 1998 bekam Deutschland die erste rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder. Tatsächlich dümpelte im August 1997 die schwarz-gelbe Koalition von Helmut Kohl bei 42 Prozent, während es SPD und Grüne bereits auf 50 Prozent brachten. CDU-Chefin Angela Merkel löste 2005 den SPD-Kanzler ab. Und wieder ergab sich im August 2004 mehr als eine Vorahnung auf den Machtwechsel. SPD und Grüne kamen nur noch auf kümmerliche 36 Prozent, während Union und FDP bei satten 52 Prozent lagen. Dass es am Ende für die FDP damals noch nicht reichte, lag nicht an den Liberalen, sondern daran, dass der Union auf den letzten Metern der Atem ausging und sie sich knapp vorne liegend mit der SPD in die große Koalition retten konnte.

Auch die Wiederwahl eines Kanzlers lässt sich anhand der August-Zahlen des jeweiligen Vorjahres vorausahnen. 2001 brachten es die Parteien von Gerhard Schröder und Joschka Fischer auf 45 Prozent, die Alternative aus Union und FDP auf 46 Prozent — ein Stimmenpatt wie jetzt. Im Jahr darauf wurde Schröder im Amt bestätigt. Und dass Merkel 2009 würde weiterregieren können, zeichnete sich angesichts der fehlenden Sympathie für eine Alternative bereits im August 2008 ab. Union und FDP lagen damals bei 48 Prozent, SPD und Grüne brachten es gerade mal auf 35. Es war abzusehen, dass es sich die CDU-Kanzlerin würde aussuchen können, ob sie mit der SPD oder der FDP weiterregieren wollte. Im Übrigen: Auch schon bei Kohls Wiederwahl 1994 zeigte sich zwischen rotem und schwarzem Lager im August des Vorjahres ein Patt.

Die aktuellen Werte sprechen vor dem Hintergrund solcher langfristiger Trends also gegen einen bevorstehenden Wechsel. Allerdings berücksichtigen sie nicht Veränderungen in der Koalitionslandschaft. Die Linke zeigt sich deutlich SPD-kompatibler als in den Jahren zuvor, die FDP wird von wichtigen Strömungen ebenfalls auf ein sozialliberales Bündnis vorbereitet, und auch die Wirkung eines Einzugs der Piratenpartei in den Bundestag ist nicht berücksichtigt.

Anderer Trend spricht gegen Merkel

Ein weiterer historischer Trend spricht grundsätzlich gegen einen Merkel-Verbleib im Kanzleramt: Meistens haben die Deutschen nach acht Jahren Lust auf eine neue Figur an der Spitze. Helmut Schmidt regierte von 1974 bis 1982. Auch für seinen Nachfolger Helmut Kohl sah es in der Mitte seiner zweiten Amtszeit zappenduster aus. 1989 bereiteten Parteifreunde sogar schon seine Ablösung vor, als die deutsche Einheit dazwischenkam und Kohl als "Kanzler der Einheit" acht weitere Jahre, die ersten acht im wiedervereinigten Deutschland, gewünscht war. Schröder sorgte mit einer vorgezogenen Bundestagsneuwahl dafür, dass es für ihn nicht erst nach acht, sondern schon nach sieben Jahren zu Ende ging, und sollte es im siebten Jahr der amtierenden Bundeskanzlerin zumindest latent eine gewisse Merkel-Müdigkeit geben, dann lässt sie sich zumindest in den aktuellen Umfragen nicht nachweisen.

Die Statistik erfasst auch nicht, wie es die Deutschen mit einer Kanzlerin halten, die zwar schon seit acht Jahren amtiert, aber erst seit vier Jahren in schwarz-gelber Konstellation. Generell, so haben es langjährige Politprofis analysiert, ist die Bereitschaft der Wähler groß, einer Regierung wenigstens eine zweite Chance zu geben. Und andere wiederum vergleichen die Sondersituation der deutschen Einheit von 1989/90 mit der Sondersituation der europäischen Währungs-Bewährung 2012/13. Und sagen deshalb einen Verbleib Merkels voraus. Mit welchem Koalitionspartner auch immer.

(may-)
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