Sponsoring-Affäre Deutsche glauben Rüttgers nicht

Düsseldorf/Dresden (RPO). 80 Prozent der Deutschen glauben Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) nicht, dass er über die umstrittenen Sponsoring-Aktionen seiner Partei nicht im Bilde gewesen sei, wie eine Umfrage ergab.

 Stanislaw Tillich (CDU) hat die letzte Hürde auf dem Weg zur Wiederwahl genommen.

Stanislaw Tillich (CDU) hat die letzte Hürde auf dem Weg zur Wiederwahl genommen.

Foto: ddp, ddp

Laut der Emnid-Umfrage für die "Bild am Sonntag" glauben nur elf Prozent Rüttgers, dass er keine Kenntnis von der Vermarktung von Exklusiv-Gesprächen mit ihm gehabt hat. 40 Prozent der 501 Befragten halten einen Rücktritt des Ministerpräsidentne für gegeben. Für 56 Prozent ist ein solcher Schritt nicht notwendig.

Die NRW-CDU hatte Parteitags-Sponsoren per Brief gegen eine Extra-Gebühr von 6000 Euro ein exklusives Gespräch mit Rüttgers angeboten. Der Regierungschef betont seit Tagen, er habe von derartigen Werbeangeboten an Unternehmen nichts gewusst. NRW-CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst war wegen der Affäre zurückgetreten.

Harsche Kritik an Sachsen-CDU

Nach Bekanntwerden von Sponsoring-Vorwürfen auch bei der sächsischen CDU muss sich die Partei nun harsche Kritik gefallen lassen. Nach einem Bericht des Magazins Spiegel vermarkten auch Sachsens Christdemokraten im Rahmen von Sponsor-Verträgen Gespräche mit ihrem Landesvorsitzenden, Ministerpräsident Stanislaw Tillich.

CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer bestätigte die Sponsoring-Praxis, wies aber Vorwürfe zurück, wonach sich die Landespartei ähnlicher Spendenpraktiken wie die CDU in Nordrhein-Westfalen bediene.

Kretschmer räumte im Sender MDR Info Fehler ein. "Es war unglücklich, diese persönlichen Messestand-Besuche in das Vermarktungs-Konzept explizit hineinzuschreiben. "Das wird es in Zukunft so nicht mehr geben", sagte er und fügte hinzu, Tillich selbst kenne die Details des Sponsoring-Konzeptes nicht.

Sachsens Regierungssprecher Johann-Adolf Cohausz sagte, nach der Rückkehr von Tillich am Samstag müsse er sich zunächst einen Überblick verschaffen. Tillich werde sich erst am Montag äußern.

Verfassungsrechtler nennt Praxis bedenklich

Der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim hält die CDU-Vermarktungspraxis ihrer Spitzenpolitiker für juristisch mehr als bedenklich: "Ein Gespräch mit Herrn Tillich ist keine zulässige Gegenleistung für das Sponsoring." Damit erkaufe man sich den Zugang zum Regierungschef. Das grenze an Korruption und verstoße vermutlich gegen das Verbot von Zweckspenden.

Der Fraktionschef der Linken in Sachsen, André Hahn, forderte die CDU auf, alle Sponsoring-Verträge, an deren Umsetzung Tillich mitgewirkt habe, offenzulegen. Der sächsische SPD-Fraktionschef Martin Dulig sieht durch die Sponsoring-Praxis der CDU auch andere Parteien beschädigt. Das Vertrauen in die Politik und die Demokratie werde "generell in Misskredit gezogen, wenn man den Eindruck weiter verschärft, dass man sich Politik und Politiker kaufen kann", sagte er der "Bild am Sonntag".

Die Generalsekretärin der Bundes-SPD, Andrea Nahles, übte harsche Kritik an der CDU-Sponsoringpraxis in Nordrhein-Westfalen und Sachsen. "Offenbar gehört es zum guten Ton in der CDU, dass ihre Spitzenpolitiker käuflich sind." Um ihre Parteikasse zu füllen, betrieben Rüttgers und Tillich den Ausverkauf der Demokratie.

(DDP/das)
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