Interesse am Parlament lässt nach Mehr Drama, Bundestag!

Meinung | Düsseldorf · Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt, dass das Interesse der Bürger am Deutschen Bundestag nachlässt. Das verwundert nicht, denn häufig ist nicht einmal den Parlamentariern selbst an einer möglichst lebendigen Debatte gelegen. Eine Reform könnte helfen. Ein Kommentar.

 Das Parlament gilt eigentlich als Herzstück der deutschen Demokratie. Doch das Interesse der Bürger ist gering.

Das Parlament gilt eigentlich als Herzstück der deutschen Demokratie. Doch das Interesse der Bürger ist gering.

Foto: dpa, mkx cul htf

Ein Abbild des wirklichen Lebens soll unser Parlament sein. Das wünschen sich die Parlamentarier, aber offensichtlich auch die Bürger. Tatsächlich sind die meisten Bundestagsdebatten vorhersehbar, parteitaktischen Vorgaben untergeordnet und selten spontan. Langeweile durchzieht den Plenarsaal. Da muten die 27 Prozent der von der Bertelsmann Stiftung befragten Bürger, die in den vergangenen Monaten angeblich eine Debatte im Hohen Haus verfolgt haben, fast astronomisch hoch an. Wer hat schon Zeit, die langatmigen Reden zu verfolgen, wenn er oder sie für das Einkommen oder das Wohlbefinden der Familie sorgen muss.

Trotzdem könnte das Parlament für die Bürger interessanter sein. Schließlich erzielen politische Talkshows hohe Quoten, und dort wiederholen zumindest die eingeladenen Politiker oft, was sie zuvor im Plenum des Bundestags geäußert haben. Es würden schon Änderungen in der Geschäftsordnung und die Erlaubnis von mehr Fragen ausreichen, um eine Debatte spannender zu gestalten. Doch geschehen ist bislang wenig. Dass eine kleine Reform, wie die Verpflichtung der Kanzlerin, in der aktuellen Stunde des Bundestags persönlich zu antworten, von der Union abgeblockt wird, spricht Bände. Es zeigt, wie wenig Interesse die Parlamentarier selbst an einer allzu lebendigen Debatte haben, wenn es der von ihnen gestellten Regierung nicht passt.

Nötig wäre eine Reform, wenn sich im Parlament tatsächlich das wirkliche Leben abbilden soll. Die Briten, die bekanntlich über die älteste noch bestehende Demokratie der Welt verfügen, machen vor, wie es geht. Dort duellieren sich die Redner, in dem sie sich gegenüberstehen. Das macht Debatten spannend. Hier erfolgt Rede und Gegenrede, nicht vorgetragene Parteiprogramme. Manuskripte sind nicht erlaubt, nur beim Beleg von Fakten, wie es einst die legendäre Premierministerin Margaret Thatcher bewies, wenn sie die gefürchteten Zettel aus ihrer Handtasche zog.

Auch für die Weiterentwicklung unserer Demokratie sind spannendere Bundestagssitzungen notwendig. Denn eine lebendige Debatte, die wie in der Vergangenheit Bürger stärker anzieht, dürfte auch zur politischen Bildung der Wähler beitragen. Demokratie wird im Streit gemacht. Das Ringen um die beste Lösung muss wirklich nicht einvernehmlich erfolgen. Oder um es mit Bruce Darnell, dem Star-Juror der Casting-Show "Germany's Next Topmodel" zu sagen, "Mehr Drama, Bundestag".

(kes)
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