Vorstoß der Seeheimer Deutschland braucht mehr Polizisten und Soldaten

Meinung | Berlin · Sicherheit erleichtert die sachliche Argumentation, das Gefühl von Unsicherheit begünstigt den emotionalen Kurzschluss. Deshalb muss Deutschland in mehr Sicherheitskräfte investieren.

 Polizisten am Kölner Hauptbahnhof.

Polizisten am Kölner Hauptbahnhof.

Foto: dpa, obe fdt

Was die konservativen "Seeheimer" in der SPD-Bundestagsfraktion unter dem Stichwort "Stärkung der Sicherheitsstrukturen" als Forderung auf den Tisch gelegt haben, sollte eigentlich eine Binsenweisheit sein. Wenn Deutschland um eine Million Menschen wächst, braucht es auch Tausende von Polizisten mehr, um nur den bisherigen Sicherheitsstandard zu halten.

Und wenn es sich bei den neuen Einwohnern um Gruppen handelt, die mit oder ohne eigenes Zutun das Konfliktpotenzial in diesem Land erhöhen, braucht es noch einmal mehr Sicherheitskräfte. Wem das nicht einleuchtet, der sollte nur einmal auf die 18 Millionen Überstunden schauen, die die Polizisten von Bund und Ländern in den letzten Monaten angehäuft haben.

Kaum etwas wirkt verheerender als das Gefühl, dass dieser Staat mit seinen vorhandenen Kapazitäten der Herausforderung nicht gewachsen ist. Wenn Bürger in Berlin monatelang vergeblich auf einen Termin beim Amt warten, kann das noch als Bürokratie-Versagen sarkastisch oder mitleidig kommentiert werden. Wenn aber schwindende Polizei-Präsenz vor allem im ländlichen Raum schon über Jahre das Gefühl hat steigen lassen, bei Gefahr möglicherweise vom Staat alleingelassen zu werden, dann können akute Zuspitzungen irrationale Debatten auslösen.

Gleichzeitig ist Deutschland in der internationalen Mitverantwortung stärker gefordert denn je. Was als "Friedensdividende" aus der Bundeswehr steinbruchartig herausgeklopft wurde, fällt den Verantwortlichen nun durch schlecht ausgerüstete Streitkräfte auf die Füße. Heute wissen wir: Ein früheres Engagement in Syrien, nicht in erster Linie militärisch, aber auch diplomatie-begleitend, hätte nicht nur Hunderttausende Leben gerettet, sondern auch Millionen Menschen die Flucht erspart.

Wo die Kapazität zur friedenserhaltenden Mission aber fehlt, ist auch jede Politik geschwächt, die Kriege verhindern will. Deshalb sind Investitionen in mehr Polizisten und in mehr Soldaten zwar unterschieden nach äußerer und innerer Sicherheit, aber nur die zwei Seiten einer Medaille.

Die Einsicht, hier umsteuern zu müssen, reicht nicht. Sie könnte in das übliche langwierige Bohren dicker Bretter münden, an dessen Ende in vielen Monaten, wenn nicht Jahren, die Mittel bereitgestellt werden, um Stellen zu mehren, die nach weiteren Jahren auch mit ausgebildeten Sicherheitskräften ausgefüllt sind.

Deutschland muss hier unkonventionell sein, junge Pensionäre aktivieren und qualifizierte Staatsdiener aus anderen Bereichen zügig umschulen und viele weitere zu fantasievollen Lösungen ermuntern. Dann klappt es auch. Mit Sicherheit.

(mayn)
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