Good-Country-Index Deutschland zählt nicht wirklich zu den Guten

Ein neuer Index versucht zu messen, inwieweit Länder zum Wohl der Menschheit beitragen. Für Deutschland reicht es nur zu Platz 13, weil es in der Kategorie Frieden und Sicherheit miserabel abschneidet. Irland feiert sich als das beste Land der Welt.

 In anschaulichen Grafiken stellt der Good-Country-Index die Bilanzen der einzelnen Staaten dar.

In anschaulichen Grafiken stellt der Good-Country-Index die Bilanzen der einzelnen Staaten dar.

Foto: Screenshot

Vor knapp einem Jahr staunte Deutschland noch über eine weltweit erhobene BBC-Umfrage: Deutschland stand aller Sparpolitik in Europa zum Trotz in dem Ranking als beliebtestes Land der Welt da.

Ein Jahr später erhebt ein anderer Index eine neue Wertung: Diesmal geht es nicht um Sympathien, sondern eine Bilanz der deutschen Politik aus Sicht der Weltgemeinschaft. Der Good-Country-Index, Anfang der Woche in Berlin vorgestellt, hat insgesamt 35 global erhobene Studien zum Handeln von Staaten ausgewertet und in einem Ranking zusammengefasst.

Am Ende steht der Good-Country-Index, ein Ranking, das messen soll, wie viel die Länder jeweils zum Wohl der ganzen Welt beigetragen haben. Fundus für die Daten sind Erhebungen der UN und anderer internationaler Organisationen.

Wie misst man das Wohl der Welt? Die Politikforscher hinter dem neuen Index haben dazu die 35 Datensätze in sieben Kategorien aufgeteilt. Dazu zählen etwa Wissenschaft und Technik, Anpassung an den Klimawandel, Gesundheit, Wohlstand und Gerechtigkeit oder Frieden und Sicherheit.

Die Auswertung versucht zu berücksichtigen, was die Länder zum Nutzen der Welt beitragen und inwiefern sie davon profitieren, beziehungsweise Raubbau betreiben. Heruntergebrochen geht es um ganz praktische Fragen: Was tut es gegen globale Bedrohungen wie den Klimawandel? Trägt es zum wissenschaftlichen Fortschritt bei? Nimmt es Flüchtlinge auf?

"Es ist uns wichtig zu betonen, dass wir damit keine moralischen Urteile über die Länder fällen wollen. Was wir mit einem "guten Land" meinen ist so einfach wie es klingt: Es ist ein Land, das zum Allgemeinwohl beiträgt", schreibt Initiator Simon Anholt in seiner Einleitung.

Bildband "Atlas der Vorurteile" - satirische Landkarten
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125 Länder finden sich nun im Ranking wieder. An der Spitze liegt ein Land, mit dem spontan wohl kaum jemand gerechnet hätte: Irland. Die Forscher führen das vor allem auf gute Daten im Bereich Wohlstandsverteilung zurück: Irland leistet relativ viel Entwicklungshilfe, engagiert sich in UN-Missionen im Ausland und hat einen überdurchschnittlich großen Anteil an Fair-Trade-Produkten. Auch in den Kategorien Kultur (Pressefreiheit, Kreativwirtschaft, Visa-Politik) und Weltordnung (Spendenaufkommen, Beteiligung an UN-Abkommen, Bevölkerungswachstum) schneiden die Iren im Bereich der Top Ten ab.

Ihre Bestplatzierung haben sie insbesondere dem Fakt zu verdanken, dass es keine Ausreißer nach unten gibt. Was das bedeuten kann, lässt sich am Beispiel Deutschlands ablesen. Im Bereich Weltordnung etwa liegt Berlin zwar an der Spitze, doch reicht das nicht, um die im doppelten Sinne "gar nicht guten" Werte im Bereich Frieden und Sicherheit aufzufangen.

Hier reicht es für Deutschland nur zu Rang 109, unmittelbar hinter Weißrussland. So wertet der Index die deutschen Rüstungsexporte als ausgesprochen schädlich für den Weltfrieden. Außerdem schlagen die Beteiligung an internationalen Konflikten und Blauhelm-Missionen zu Buche. Dass in dieser Rubrik ausgerechnet ein Land wie Ägypten die Spitzenposition besetzt, weil es kaum Waffen exportiert und fleißig Beiträge zu UN-Missionen leistet, zeigt wie fragwürdig letztendlich solche Auswertungen ausfallen können.

Trösten können sich die Deutschen auch damit, dass etwa die USA noch hinter ihnen stehen, sowohl im Gesamtranking (Platz 21) als auch bei Frieden und Sicherheit (Platz 114). Am Ende des Rankings finden sich Libyen, Vietnam und Irak, die besten Plätze belegen nach Irland Finnland, die Schweiz, die Niederlande und Neuseeland.

Dass ihre Statistik Schwächen aufweist, ist den Politikforschern durchaus bewusst. Derzeit arbeite man daran, im Index auch individuelle Gewichtungen zu ermöglichen, so dass Nutzer ihre eigenen Wertmaßstäbe einbringen können. Derzeit sind alle eingeflossenen Kriterien noch gleichrangig gewertet, ganz egal ob Klimawandel, Bevölkerungswachstum oder Rüstungsexporte. Ob nun das eine oder andere wichtiger für das Wohl der Welt einzuschätzen sei, unterliege letztlich politischen Kriterien.

"Wir wissen, dass sich die Welt nicht auf 35 Kategorien herunterbrechen lässt", schreiben die Autoren. Aber es sei sicherlich besser eine Diskussion darüber auf den Weg zu bringen, als stillzuhalten. Darum nämlich geht es den Forschern am dringendsten: Eine globale Debatte auf den Weg zu bringen, die sich mit der Frage befasst, ob Politik und Gesellschaften nur selbstsüchtig im eigenen Interesse handeln. Oder doch einen Beitrag leisten zum Bestand der Menschheit. "Eine Debatte darüber ist dringend nötig, denn wenn die richtige Antwort die erste ist, dann haben wir ein ernstes Problem", mahnen die Autoren.

(pst)
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