"Alternative für Deutschland" Die Anti-Euro-Partei greift die Union an

Berlin · Am kommenden Sonntag trifft sich die 6000 Mitglieder starke "Alternative für Deutschland" (AfD) zum Gründungsparteitag in Berlin. Die neue Partei, die von einer Reihe von Ökonomie-Professoren gegründet wurde und einen radikalen Ansatz in der Europa-Politik verfolgt, macht Union und FDP Sorge. Denn die zentrale Botschaft der Partei ist populär in Deutschland. Sie lautet: Auflösung der Euro-Zone.

 Ökonomie-Professor Bernd Lucke ist Sprecher und Mitbegründer der Alternative für Deutschland.

Ökonomie-Professor Bernd Lucke ist Sprecher und Mitbegründer der Alternative für Deutschland.

Foto: dpa, ksc;cse lof

Deutschland brauche den Euro nicht. "Die Wiedereinführung der D-Mark darf kein Tabu sein", heißt es im Entwurf für das Wahlprogramm. Die "Alternative für Deutschland" sieht sich als einzige Alternative zur Merkel'schen Europapolitik, die nicht nur von Union und FDP, sondern im Grundsatz auch von SPD und Grünen getragen wird. "Dieser Euro funktioniert nicht", sagt Parteimitgründer Alexander Gauland (72), Publizist und Ex-CDU-Staatssekretär. "Die Währung eint den Kontinent nicht, sie spaltet ihn."

Solche Aussagen finden durchaus Gehör. Nach einer Infratest-Umfrage könnten sich 24 Prozent der Befragten vorstellen, eine Anti-Euro-Partei zu wählen. Sollten im Herbst nur fünf Prozent ihr Kreuz bei der AfD machen, könnte das eine mögliche Mehrheit von Union und FDP gefährden. Die Unterstützer kommen zu großen Teilen aus dem bürgerlichen, wirtschaftsliberalen Lager.

Wahrnehmung als Protestpartei

Die Nervosität bei Union und FDP ist groß. Die Unions-Führungsspitze will sich kommenden Montag mit der neuen Herausforderung beschäftigen. Die CDU will angeblich analysieren, mit welchen Themen sich die AfD jenseits des Euro aufstelle und wie groß das Interesse eher rechtsgerichteter Personen an der Partei ist.

Auf jeden Fall wolle man das Problem nicht kleinreden, heißt es in der CDU. Man müsse die Sorgen der Menschen beim Euro ernst nehmen. Nur habe die AfD darauf die falschen Antworten. "Wer zurück zur D-Mark will, riskiert Deutschlands Spitzenposition und eine Spaltung Europas", sagt CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe.

Dass die AfD die entscheidenden Stimmen holen könnte, die Schwarz-Gelb fehlen, ist den Konservativen ein Dorn im Auge. Schon in Niedersachsen fehlten Ministerpräsident David McAllister nur 335 Stimmen zum Machterhalt. Die AfD, die mit den Freien Wählern angetreten war, kam auf 1,1 Prozent der Stimmen.

Nach der Infratest-Umfrage wird die AfD vor allem als Protestpartei wahrgenommen. Auch 29 Prozent der Anhänger der Linkspartei und 21 Prozent der SPD können sich die Wahl der Partei vorstellen. Groß ist die Sympathie bei Nichtwählern (31 Prozent) und Unentschlossenen (32 Prozent).

"Sind europäischer als alle anderen"

"Natürlich haben die jetzt Angst vor uns", sagt Hans-Olaf Henkel, Ex-Chef des Industrieverbands BDI und AfD-Unterstützer, mit Blick auf Union und FDP. Henkel ist seit Jahren engagierter Kritiker der Europapolitik der Kanzlerin und sieht die AfD als "demokratische Alternative" zu einer seiner Meinung nach verfehlten Europa-Politik. "Wir brauchen wieder Wettbewerbsfähigkeit und Eigenverantwortung in Europa", fordert er. Es gebe zu viel Vergemeinschaftung von Schulden und Risiken und ein immer stärkeres Gegeneinander von Geber- und Nehmerländern.

Dass die AfD im anti-europäischen, gar rechtsextremen Milieu um Stimmen wirbt, weist er zurück: "Wir sind europäischer als alle anderen Parteien." Die Vorschläge seien im Sinne der südeuropäischen Länder, die sich "den Euro gar nicht leisten können". Wie Europa in einer Nach-Euro-Ära aussehen soll, sagt die "Alternative" nicht. Da gebe es in der Partei unterschiedliche Ansichten, sagt Sprecher und Volkswirtschafts-Professor Bernd Lucke.

Programmatisch kaum Ideen

Neben dem Euro hat die Partei bislang kaum programmatische Ideen entwickelt. Ein weiteres Problem ist der hohe Altersdurchschnitt und die Homogenität der Unterstützer. Die Mehrheit der bekannten Anhänger sind Ökonomie-Professoren jenseits der 60. "Viel Theorie, wenig Alltagserfahrung", heißt es bei der FDP.

Mit Parteiarbeit, geschweige denn Wahlkampf, hatten die meisten in der Tat bislang nichts zu tun. Für den Aufbau der Partei in NRW soll der Kölner Jobst Landgrebe zuständig sein. Der 42-Jährige ist promovierter Biochemiker und Unternehmensberater. Landgrebe sei ein "hochintelligenter Wissenschaftler", sagt einer, der ihn kennt. "Aber kein wirklich geselliger Typ für die Marktplätze."

(brö/may-)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort