Bundesversammlung Standing Ovations für Joachim Gauck

Berlin · Bundestagspräsident Lammert hat den scheidenden Präsidenten Joachim Gauck gewürdigt. Gauck habe die Gesellschaft immer wieder nachdrücklich in die Pflicht genommen, sich weder verängstigen noch spalten zu lassen, auch nicht in Zeiten terroristischer Gefahren.

Bundesversammlung 2017: Wahl des neuen Bundespräsidenten in Berlin
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Wahl des neuen Bundespräsidenten in Berlin

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Foto: ap, FO

"Das solidarische Miteinander der Bürgerinnen und Bürger lag Ihnen ganz besonders am Herzen", sagte Lammert an Gauck gerichtet. Die Abgeordneten des Bundestags und ebenso viele Vertretern der Bundesländer - darunter Schauspieler, Musiker und Künstler - zollten ihm stehende Ovationen. Gauck musste sichtlich mit den Tränen kämpfen.

Der Kandidat von Union und SPD, Frank-Walter Steinmeier, konnte mit einer breiten Mehrheit bereits im ersten Wahlgang rechnen. Er wird auch von FDP und Grünen unterstützt. Für einen Sieg im ersten Durchgang ist die absolute Mehrheit erforderlich, das sind 631 Stimmen.

Die Unterstützung der FDP für Steinmeier sei nicht als Annäherung an die SPD zu deuten, sagte Parteichef Christian Lindner: "Das ist kein Signal für den Wahlkampf", sagte er im Fernsehsender Phoenix. "Wir unterstützen ihn als Signal für die Einheit des Staates und als Symbol für die politische Kultur unseres Landes."

Linke, AfD, Freie Wähler und Piraten haben eigene Kandidaten aufgestellt, die aber aufgrund der Mehrheitsverhältnisse als chancenlos gelten.

Seine Rede vor der Bundesversammlung nutzte Parlamentspräsident Lammert auch, um mahnende Worte an US-Staatsoberhaupt Donald Trump zu schicken. "Wer Abschottung anstelle von Weltoffenheit fordert und sich sprichwörtlich einmauert, wer statt auf Freihandel auf Protektionismus setzt und gegenüber dem Zusammenarbeiten der Staaten Isolationismus predigt, wer damit zum Programm erklärt: 'Wir zuerst!', darf sich nicht wundern, wenn es ihm andere gleichtun", so Lammert.

Alle fatalen Nebenwirkungen für die internationalen Beziehungen seien aus dem 20. Jahrhundert bekannt. Die meisten Delegierten der Bundesversammlung quittierten dies - bis auf die AfD-Delegierten - mit Applaus. "Die wirklich großen Herausforderungen können unter den Bedingungen der Globalisierung allesamt nicht mehr von Nationalstaaten allein bewältigt werden", sagte Lammert. Dies gelte sowohl für die Finanzwelt, den Umgang mit den Migrationsströmen, dem Kampf gegen den Terror oder gegen den Klimawandel.

"Allenfalls rückwärtsgewandte Zeitgenossen" würden sich deshalb gegen ein starkes Europa aussprechen. "Wenn weder der amerikanische noch der russische Staatspräsident ein Interesse an einem starken Europa erkennen lassen, ist dies ein zusätzliches Indiz dafür, dass wir selbst dieses Interesse an einem starken Europa haben müssen."

(vek / dpa / AFP)
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