Verbraucherministerin Ilse Aigner im Interview "Die Banken müssen umdenken"

Düsseldorf (RP). Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) will Beratung für Anleger bei Banken verbessern und fordert klare Gebühren-Auskünfte für das Geld-Abheben an Bankautomaten. Die eigenen Kabinettskollegen fordert sie zur Haushaltsdisziplin auf.

Das ist Ilse Aigner
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Indiskrete Frage: Wie legen Sie in diesen Zeiten Ihr Geld an?

Aigner: So wie ich es schon früh von meinen Eltern gelernt habe: Bei Kapitalanlagen ist es sinnvoll, Geld auf mehrere Standbeine zu verteilen: Man braucht eine Mischung aus langfristigen Anlagen und Geld, das ebenfalls sicher angelegt, aber bei Bedarf schnell verfügbar ist. Grundsätzlich erscheint mir die Zeit günstig, eine Anlage in Immobilien zu erwägen.

Raten Sie den Verbrauchern, sich einen Gemüsegarten zuzulegen, falls es eine Geldentwertung und eine Wirtschaftsdepression gibt?

Aigner: Ich rate vor allem davon ab, in Hysterie zu verfallen. Als Ernährungsministerin halte ich einen Gemüsegarten generell für eine gute Sache, in guten wie in schlechten Zeiten. Man hat gesunde Produkte direkt vor der Haustür und noch dazu Bewegung an der frischen Luft.

Sie haben für die Beratung bei Geldanlagen eine Dokumentationspflicht eingeführt, die den Bankkunden schützen soll. Funktioniert das zufriedenstellend?

Aigner: Seit Januar sind die Beratungsprotokolle bei den Banken Pflicht. Es gibt aber noch Nachbesserungsbedarf. Die Protokolle müssen für die Kunden besser verständlich werden. Es genügt nicht, wenn einzelne Banken nur auf Textbausteine setzen statt individuell auf die Situation des Kunden einzugehen.

Die NRW-Verbraucherzentrale hat bemängelt, dass die Dokumentationspflicht bei der Anlagenberatung noch Lücken hat.

Aigner: Diese Untersuchung wurde von uns in Auftrag gegeben, um solche Fragen zu klären. Das Gesetz ist aber gerade erst vor knapp einem halben Jahr in Kraft getreten. Das ein oder andere muss sich da noch einspielen. Wichtig ist, dass in den Beratungsprotokollen auf die persönliche Situation der Kunden eingegangen und begründet wird, warum dieses oder jenes Produkt empfohlen wurde. Es reicht nicht, wenn die Bank ihr übliches Fachchinesisch in die Protokolle hineinschreibt.

Banken haben aber interne Anreizsysteme, dass die Berater bestimmte Produkte verkaufen.

Aigner: Hier müssen einige Banken dringend umdenken. Es muss klar sein, dass das Verbraucherinteresse und nicht die Verkaufsvorgaben oder die Provisionszahlung im Vordergrund stehen. Es ist Aufgabe der Bankenaufsicht, das zu kontrollieren. Mit Hilfe der Beratungsprotokolle kann nun besser nachvollzogen werden, ob sich die Banken an diese Spielregeln halten. Das Protokoll dient auch als Beweismittel, wenn die Kunden Anspruch auf Schadenersatz geltend machen wollen.

Sie haben die zu hohen Gebühren für die Geld-Abhebung an Bankautomaten angeprangert. Wann ändert sich etwas?

Aigner: Als erster Schritt muss jetzt Transparenz geschaffen werden. Alle Banken sind aufgefordert, ihre Geldautomaten so umzustellen, dass die Kunden vor dem Geldabheben auf den Bildschirmen der Automaten über die anfallenden Gebühren informiert werden. Dadurch entsteht Wettbewerb. Ich denke, bis zum Ende dieses Jahres könnte das von den Banken umzusetzen sein. Für mich steht fest: Die Gebühren müssen runter, und zwar deutlich. Hier laufen Gesprächen zwischen dem Bundeskartellamt und den Banken, dem Ergebnis will ich nicht vorgreifen.

Planen Sie eine gesetzliche Regelung, falls sich die Banken nicht auf eine Höchstgrenze für die Geld-Abhebung am Automaten einigen?

Aigner: Ich bin sicher, dass das Kartellamt und die Banken eine Lösung finden werden.

Es gibt immer wieder Beschwerden von Fluggästen, dass die Fluglinien bei Verspätungen und Ausfällen nicht hinreichend kulant sind. Wie können Sie den Verbrauchern da helfen?

Aigner: Zunächst erwarte ich, dass die Fluggesellschaften die Gesetze einhalten, die die Rechte der Fluggäste bei Annullierung, Nichtbeförderung und Verspätung von Flügen regeln. In Zweifelsfällen ist ein unkompliziertes, schnelles Schlichtungsverfahren sinnvoll. Ich fordere, dass sich die Fluglinien an der Schlichtungsstelle öffentlicher Personenverkehr (söp) beteiligen. Die Bahn geht da mit gutem Beispiel voran. Zur Frage der Einbeziehung der Fluglinien führt derzeit die zuständige Bundesjustizministerin Gespräche — sie hat zugesagt, notfalls auch gesetzgeberisch tätig zu werden.

Welchen Nutzen hat eine solche Schlichtungsstelle?

Aigner: Sie kann einen Konflikt zwischen Fahr- und Fluggästen lösen, bevor der Streit vor Gericht geht. Wenn Unternehmen und Kunden dann eine einvernehmliche Lösung finden, hat auch das Unternehmen etwas davon. Die Kundenzufriedenheit wird gesteigert. Aus diesem Grund kann ich auch die ablehnende Haltung der Fluglinien nicht verstehen.

Was ist aus Ihrer Sicht fürs Regieren eigentlich angenehmer: Schwarz-Rot oder Schwarz-Gelb?

Aigner: Unsere Wunschkoalition war ein christlich-liberales Bündnis mit der FDP.

Und im Realitätstest?

Aigner: (lacht) Zugegeben, der Start war etwas holprig, weil wir aus der Regierung kamen und die FPD aus der Opposition. Aber mittlerweile ist die Zusammenarbeit gut und der Vorrat an Gemeinsamkeiten ist groß. Glauben Sie mir: Das Klima im Kabinett ist sehr angenehm und immer konstruktiv.

Was erwarten Sie von der Sparklausur am 6. und 7. Juni im Kanzleramt?

Aigner: Ich erwarte, dass das Kabinett die gewaltige Aufgabe der Haushaltskonsolidierung gemeinsam anpackt und wir eine Einigung über die notwendigen Einsparungen erzielen. Das sind wir den nachfolgenden Generationen schuldig. Und außerdem haben wir die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert.

Wird es ohne Steuererhöhungen gehen?

Aigner: Steuererhöhungen werden meines Erachtens nicht das Thema bei der Klausur sein.

Das Interview führte Eva Quadbeck

(felt)
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