Asyldebatte Die Beschlüsse des Flüchtlingsgipfels in der Übersicht

Berlin · Bislang hielt sich der Bund weitestgehend aus der Flüchtlingsversorgung heraus. Das soll nach den Beschlüssen des Flüchtlingsgipfels vom Donnerstag künftig anders werden. Doch was wurde dort überhaupt beschlossen? Sieben Fragen und Antworten.

So verteilen sich Flüchtlinge auf Europa
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Foto: Köhlen, Stephan (TEPH)

Über Monate spitzte sich die Flüchtlingskrise zu: Überlastete Behörden, überfüllte Unterkünfte, überforderte Städte. Bund und Länder stritten lange über mögliche Lösungen. Nun haben beide Seiten ein umfangreiches Paket mit Milliarden-Zahlungen und einem Bündel an Gesetzesänderungen im Asylrecht vereinbart.

Welche Kosten will der Bund künftig übernehmen?

Den Großteil der Kosten für die Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen stemmen bisher Länder und Kommunen. Das soll sich ändern. Im laufenden Jahr zahlt der Bund den Ländern nun zwei Milliarden Euro an Unterstützung - doppelt so viel wie zunächst zugesagt. 2016 stellt er über verschiedene Kanäle gut vier Milliarden Euro bereit - also noch mal etwas mehr als die zuvor versprochenen drei Milliarden Euro. Direkte Hilfe an die Kommunen kann der Bund nicht zahlen, aber auch sie sollen profitieren: Die Länder sind angehalten, den Städten und Gemeinden ihre Flüchtlingsausgaben angemessen zu erstatten. Und: Der Bund steigt dauerhaft in die Finanzierung der Asyl-Kosten ein.

Wie berechnet sich die langfristige Beteiligung des Bundes?

Vereinbart ist eine Pro-Kopf-Pauschale: Der Bund will den Ländern ab 2016 pro Asylbewerber und Monat 670 Euro überweisen. Die Pauschale ist gekoppelt an die Gesamtzahl der Asylbewerber in Deutschland - und an die Dauer der Asylverfahren, da diese darüber entscheidet, wie lange die Flüchtlinge untergebracht werden müssen. Im laufenden Jahr werden insgesamt 800 000 Asylbewerber erwartet, die Asylverfahren dauern derzeit im Schnitt gut fünf Monate. Das gilt als Grundlage für die Berechnung im kommenden Jahr: 670 Euro mal 800 000 Asylbewerber mal fünf Monate - das ergibt eine Summe von etwa 2,7 Milliarden Euro.

Wie kommt man da auf vier Milliarden Euro?

Der Bund schießt auch noch an anderen Stellen Geld zu. Zum Beispiel zahlt er auch für abgelehnte Asylbewerber die Pauschale von 670 Euro - aber nur für einen Monat. Hier wird mit 400 000 Menschen kalkuliert, bei denen man davon ausgeht, dass ihr Asylantrag keinen Erfolg hat. Der Bund will außerdem 500 Millionen Euro für den Wohnungsbau zahlen, 350 Millionen Euro jährlich für die Kosten der Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Auch frei werdende Mittel aus dem Betreuungsgeld sollen an die Länder fließen, um diese bei der Familienpolitik zu unterstützen. Viele der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, sind Kinder und Jugendliche.

Muss der Bund selbst nicht auch Mehrkosten stemmen?

Ja. Wenn ein Asylantrag Erfolg hat und ein Flüchtling in Deutschland bleiben darf, hat derjenige - solange er keinen Job hat - Anspruch auf Sozialleistungen. Und die zahlt der Bund. Auch die Vermittlung in Jobs kostet den Bund Geld - ebenso das Vorhaben, Asylbewerbern künftig Zugang zu Integrationskursen zu geben. Der Bund erwartet allein für 2016 Extra-Kosten von bis zu bis 3,3 Milliarden Euro für Lebensunterhalt, Spracherwerb und Qualifizierung von Flüchtlingen.

Was ist sonst noch geplant?

Ein umfangreiches Gesetzespaket mit Änderungen im Asylrecht soll kommen. Vorgesehen ist unter anderem, auch die Balkanstaaten Albanien, Kosovo und Montenegro als "sichere Herkunftsländer" einzustufen, um Asylbewerber von dort schneller in ihre Heimat zurückzuschicken. In Zukunft sollen Asylbewerber länger in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben und dort überwiegend Sachleistungen bekommen. Geld-Vorauszahlungen sollen beschränkt werden, Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive Zugang zu Integrationskursen bekommen, jene ohne Aussicht auf ein Aufenthaltsrecht schneller abgeschoben werden. Die Einrichtung neuer Flüchtlingsunterkünfte soll durch den Abbau bürokratischer Hürden leichter werden.

Und was ist mit der Gesundheitskarte?

Das können die Länder entscheiden. Der Bund will die Voraussetzungen dafür schaffen. Allerdings steht es den Ländern frei, ob sie die Gesundheitskarte einführen oder nicht. Mit dieser Karte sollen Asylbewerber direkt zum Arzt gehen können - ohne vorherige Erlaubnis vom Amt. Die medizinischen Leistungen für Flüchtlinge bleiben bei dem Modell aber eingeschränkt.

Wie ist der Zeitplan für das Gesetzespaket?

Es soll sehr schnell gehen: Die Bundesregierung will das Vorhaben schon in der kommenden Woche ins Kabinett einbringen und im beschleunigten Verfahren durch Parlament und Bundesrat befördern. Die Länderkammer könnte bereits Mitte Oktober abschließend beraten. Ziel ist, dass die Reglungen schon zum 1. November in Kraft treten.

(dpa)
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