Fotos Die FDP - eine schrecklich nette Familie
Die FDP-Familie kommt am 6. Januar 2013 zu ihrem traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart zusammen - und der Haussegen hängt schief. Misstrauen, Sticheleien und gegenseitige Schuldzuweisungen trüben die Feiertagsharmonie. Wer führt was im Schilde bei den Liberalen?
Das Sorgenkind:
Philipp Rösler ist Parteichef auf Abruf. Seine persönliche Integrität ist in der FDP zwar weithin geschätzt. Das oft auf Rösler angewandte Attribut "nett" hat in der Politik aber einen abfälligen Klang. Gefragt sind Führungsstärke und die Fähigkeit, Themen zu setzen. Dies vermissen viele Liberale bei ihrem Chef. Zweifel an Rösler quälen die FDP seit Monaten, nun ist die Debatte öffentlich aufgebrochen. Kritiker halten Rösler für eine Fehlbesetzung. Eine Schlappe bei der Niedersachsen-Wahl am 20.
Januar könnte sein Ende als Parteichef bedeuten.
Das Schlitzohr:
Fraktionschef Rainer Brüderle zählt zu jenen Machtmenschen, die Politik aus Leidenschaft betreiben. Brüderles Leidenschaft kühlt freilich spürbar ab, wenn er auf Rösler angesprochen wird. Er stützt den Parteichef gerade noch so, dass er sich nicht öffentliche Illoyalität vorhalten lassen muss. Röslers engstes Umfeld misstraut Brüderle. Der sagt zwar, er wolle nicht Parteichef werden. Bei einem Rücktritt Röslers liefe es aber wohl unausweichlich auf den in der FDP tief verwurzelten Brüderle zu.
Der Provokateur:
Entwicklungsminister Dirk Niebel spielt als einer der wenigen Spitzenliberalen schon jetzt mit offenen Karten. Niebels Überlegung, Parteivorsitz und Spitzenkandidatur für die Wahl 2013 zu trennen, war ein Angriff auf Rösler. Niebel gab damit den weit verbreiteten Zweifeln an dessen Zugkraft Ausdruck. Ob sich Niebel durch die versuchte Demontage Röslers selbst für den Parteivorsitz empfiehlt, ist aber fraglich. Auch für ihn könnte die alte Weisheit gelten: Man liebt den Verrat - nicht den Verräter.
Der Hoffnungsträger:
Der nordrhein-westfälische FDP-Fraktionschef Christian Lindner ist in einer komfortablen Position. Er muss wohl nur noch warten, bis ihm irgendwann der Parteivorsitz in den Schoß fällt. Scharfsinn und rhetorischer Glanz haben Lindner den Ruf als größte Nachwuchshoffnung der FDP eingebracht. Nach dem glanzvollen Wahlsieg in NRW hat Lindner allerdings klar gemacht, dass er zunächst in der Landespolitik bleiben will. Wenn er zu lange auf die Spitzenrolle im der Bundespartei wartet, könnte sich freilich die Frage stellen, was dann von der FDP noch übrig ist.
Der Ketzer:
Schleswig-Holsteins Fraktionschef Wolfgang Kubicki verkörpert mit Inbrunst die Rolle als Rüpel am Familientisch. So hart wie Kubicki formuliert sonst keiner, was manch banger Liberaler in stillen Stunden denken mag. Kostproben aus jüngerer Zeit: Rösler werde "in den Augen der Öffentlichkeit nicht als Krisenmanager wahrgenommen, leider". Und: "Die FDP hat als Marke generell verschissen." Als FDP-Chef kommt Kubicki freilich nicht in Frage. Seine Alleingänge haben ihm den Ruf eingebracht, nicht teamfähig zu sein.
Der Patriarch:
Der frühere Parteichef Hans-Dietrich Genscher ist hinter den Kulissen noch immer aktiv. Wenn der 85-Jährige einen Parteifreund als "große politische Begabung" lobt oder als Verkörperung einer "neuen, modernen, weltoffenen FDP", dann hört die Partei hin. Pech für Rösler: Die Lobreden des Altliberalen gelten Lindner, den Genscher in der vordersten Reihe der FDP-Führungsreserve sieht. Im Frühjahr bringt Genscher gemeinsam mit Lindner ein Buch heraus - ein weiteres Anzeichen für die Präferenz des Patriarchen.
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