Daniela Schadt und Joachim Gauck in Kolumbien Die First Lady tanzt Salsa auf der Straße

Medellín · Bundespräsident Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt besuchten auf ihrer Kolumbienreise das Armenviertel der Drogenhauptstadt Medellín. Als Salsa-Rhythmen erklangen, war die 53-Jährige nicht mehr zu bremsen und tanzte spontan mit einem kolumbianischen Botschafter.

First Lady Daniela Schadt tanzt spontan Salsa
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Die Plaza Botero im kolumbianischen Medellín ist voller Menschen - und Bundespräsident Joachim Gauck nimmt ein Bad in der Menge. Er schlendert über den Platz und lässt sich die Figuren des kolumbianischen Bildhauers und Malers Fernando Botero erklären, die der Künstler seiner Stadt gestiftet hat. Gauck schüttelt Passanten die Hand und posiert mit einigen von ihnen für ein Familienfoto.

Gauck kokettiert geradezu, als wolle er sagen: "Seht her, ich bin mitten in einer der gewalttätigsten Städte des Landes und nichts passiert." Die Sicherheitsleute sind dann aber doch froh, als Gauck endlich im angrenzenden Botero-Museum verschwindet. Der Abstecher nach Medellín zum Abschluss seines Kolumbien-Besuchs bescherte Gauck einen "sehr emotionalen" Tag. Die Stadt war vor einigen Jahren noch eine "No-Go-Area". Doch an diesem Samstag präsentierte sich Medellín wider Erwarten sehr freundlich.

Gauck ließ sich am Vormittag mit einer der für die Stadt so typischen Seilbahnen auf den Berg in das Armenviertel Santo Domingo fahren. An der Seilbahnstation des Viertels wurden er und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt von einer Jugendkapelle empfangen.

Der Bundespräsident hörte begeistert zu. Juan Mayr Maldonado, der kolumbianische Botschafter in Berlin, tanzte kurzerhand mit der First Lady, nachdem der Bundespräsident eine Aufforderung seiner Lebensgefährtin ausgeschlagen hatte. Die Stimmung war geradezu ausgelassen. Ein wenig meinte man auch, hier den Dank der Medellíner für den Abstecher des Bundespräsidenten zu spüren.

Nur die düsteren Bilder an den Häuserwänden zeugen von der berüchtigten Gewalt in dieser Stadt. Auch 20 Jahre nach dem Tod des wichtigsten Drogenbosses, Pablo Escobar, treiben dort 250 Banden mit etwa 13 000 bis 14 000 Jugendlichen ihr Unwesen. Wenige Meter weiter, in der Biblioteca España, einem Gemeindezentrum des Armenviertels, holte Gauck denn auch die Medellíner und kolumbianische Wirklichkeit wieder ein. In einem Gespräch mit Opfern warfen diese der Regierung in Bogotá mangelndes Interesse an einer rechtlichen Aufarbeitung der Gewalt vor. Lediglich 13 Täter sind bisher verurteilt.

Angesichts der erschreckenden Schicksale der Gesprächspartner sagte Gauck: "Ich bin auch fast in der Versuchung gewesen, bei einigen Worten, die ich gehört habe, meinen jetzigen Beruf an den Nagel zu hängen, und wieder meinen früheren als Seelsorger zu ergreifen." Er mahnte, nicht von einem fast perfekten Rechtsstaat wie in Deutschland zu träumen, sondern das jetzt Machbare, die jetzt vorhandenen Chancen zu nutzen.

Gerichte könnten nur zum Teil eine Aussöhnung schaffen. Es komme auch auf den Umgang zwischen Tätern und Opfern an. Gauck erschrak kurz und sagte, er spreche jetzt so, "als wäre ich ein Agent der Regierung" in Bogotá. Das sei aber keineswegs der Fall. "Gehen Sie davon aus, dass ich Ihnen als Mensch begegnet bin - und als Präsident."

Kurze Zeit später traf Gauck frühere Täter paramilitärischer Organisationen, die inzwischen demobilisiert sind. Sie beklagten, dass sie nach wie vor von der Gesellschaft geächtet würden. Gauck bekräftigte wie einen Tag zuvor vor Studenten in Bogotá, dass Aussöhnung ohne Wahrheit nicht funktionieren könne. Man müsse gestehen und um Verzeihung bitten.

Als die Vertreterin einer Gruppe von Müttern, die ihre Kinder verloren haben, im Kreis ehemaliger Täter bewegt ihren Willen zur Aussöhnung bekundete, umarmte sie der Präsident spontan. "Dieses Land hat die Menschen, die innere Aussöhnung zu schaffen."

Das alles klang bei den Betroffenen in Medellín weit weniger akademisch als vor Studenten in der Hauptstadt Bogotá am Vortag. Es sei etwas anderes, sich vor der Reise auf diese Probleme vorzubereiten, als sie vor Ort zu sehen, sagte Gauck. "Das kann man sich nicht anlesen, das muss man erfahren."

(dpa/pst)
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