Stasi-Streit um Fraktionschef Gysi Die Linke und der Schatten der Vergangenheit

Berlin · Wieder einmal muss sich Gregor Gysi gegen Stasi-Vorwürfe erwehren, die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt. Für seine Partei, die Linke, steht fest: Die Vorwürfe sind reinste Wahlkampfpropaganda. Doch der neuerliche Fall zeigt, dass die DDR-Vergangenheit die Partei immer wieder einholt – und das nicht nur bezogen auf ihren Fraktionschef.

Wieder einmal muss sich Gregor Gysi gegen Stasi-Vorwürfe erwehren, die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt. Für seine Partei, die Linke, steht fest: Die Vorwürfe sind reinste Wahlkampfpropaganda. Doch der neuerliche Fall zeigt, dass die DDR-Vergangenheit die Partei immer wieder einholt — und das nicht nur bezogen auf ihren Fraktionschef.

Für den Fraktionsvize der Linken, Ulrich Maurer, ist der Vorwurf der Falschaussage gegen Gysi nur eines: eine "Hexenjagd". "Der schmutzige Teil des Wahlkampfes hat begonnen", sagte er im ARD-Morgenmagazin. "Herr Gysi wird seit 20 Jahren gejagt." Und mit dieser Ansicht steht er nicht allein da. Viele Parteimitglieder sehen in den Vorwürfen eine politische Kampagne.

Tatsächlich muss sich Gysi immer wieder gegen Stasi-Vorwürfe erwehren, zuletzt 2008, im Jahr vor der letzten Bundestagswahl eine Debatte um den Politiker. Vor Gericht hatte er bislang damit Erfolg. Entsprechend twitterte nun auch der Landesverband der Partei in Berlin: "Jedes mal, wirklich jedes Mal vor Wahlen die Stasi-Keule gegen Gregor Gysi. Haben die echt keine anderen Mittel?" Doch es ist eben nicht nur Gysi, den die Schatten der Vergangenheit nicht loslassen — und genau das gerät immer wieder zu einem Problem in der Partei.

Kommunismusthesen und ein Glückwunschbrief

Insbesondere unter den vormaligen Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst hatte es oftmals Kritik gegen die Partei gehagelt. Da waren etwa Lötzschs umstrittene Kommunismusthesen in einem Interview, die sie anschließend relativierte. Schon damals hatte unter anderem CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe gesagt: "Die Linkspartei ist und bleibt die Erbin der alten SED.

Auch ein Glückwunschschreiben der beiden vormaligen Vorsitzenden an Kubas früheren Staatschef Fidel Castro hatte für Unruhe gesorgt. Dazu kam, dass einige Parteivertreter den Mauerbau als alternativlos bezeichnet hatten, drei von ihnen sogar bei einer Schweigeminute für die Opfer sitzen blieben.

Auch vom Begriff Unrechtsstaat in Bezug auf die DDR wollen viele in der Partei nichts wissen. All dies hatte bei der Opposition immer wieder für scharfe Kritik gesorgt — und die Linke musste sich stets den Vorwurf gefallen lassen, dass sie sich von ihrer Vergangenheit nicht lösen kann und nichts weiter sei als eine Nachfolgepartei der SED. Doch davon abgesehen hatte auch das Kapitel Stasi innerhalb der Partei immer wieder eine Rolle gespielt.

Die Partei und die Stasi

Neben Gysi und dem Bekanntwerden, dass Lötzsch Ex-Stasi-Mitarbeiter in ihrem Büro beschäftigt haben soll, betraf das aber vor allem die Landesverbände im Osten der Republik. So hatte es etwa 2010 Berichte gegeben, dass in Mecklenburg-Vorpommern vier Mitglieder des Landesvorstands der Partei als ehemalige Stasi-Mitarbeiter enttarnt worden seien.

Auch in Brandenburg hatte es eine lange Debatte gegeben, nachdem neben den bereits bekannten Kontakten einiger Linke-Abgeordnete zu dem ehemaligen Geheimdienst der DDR auch noch mehrere Fälle weiterer Abgeordneter bekannt worden waren — und das alles zu einer Zeit, als die Linke in Brandenburg mit der SPD frisch eine Koalition gebildete hatte. Die Folge war, dass Brandenburg erstmals alle Abgeordneten auf ihre Vergangenheit überprüfen ließ.

Dass nun eine Hetzkampagne gegen Gysi vonseiten der Partei vermutet wird, dürfte in die gleiche Richtung gehen wie die ewige Kritik daran, dass die Linke nach wie vor unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Doch so lange sich die Partei nicht endgültig von ihrem politischen Erbe gelöst hat, wird es wohl weiter zu Vorwürfen und Kritik kommen. Was den Fall Gysi betrifft, muss allerdings nun erst einmal die Staatsanwaltschaft klären.

(das)
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