Die Affäre Edathy Die Schlammschlacht

Berlin · Hat Sebastian Edathy verbotene Kinderpornos aus dem Internet herunter geladen? Wurde er vor Ermittlungen gewarnt? Seriöse Antworten gibt es bislang kaum. Daran ändert auch der Auftritt des 45-Jährigen in Berlin wenig.

Sebastian Edathys Auftritt in Berlin
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Mehr als fünf Minuten sitzt Sebastian Edathy im Blitzlichtgewitter der Fotografen, als er sich gestern um kurz vor halb elf auf dem Podium der Bundespressekonferenz niederlässt. Es sei sein "letzter großer Auftritt in Berlin", sagt der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete später - am Ende werden ihn rund 200 anwesende Hauptstadtkorrespondenten mehr als zwei Stunden lang befragt haben.

Die Erkenntnisse? Der wegen des Verdachts auf Kinderpornografie-Besitzes angeklagte Edathy sieht sich weiterhin als Opfer eines fragwürdig agierenden Rechtsstaates und findet kein Wort der Reue. In kühler Manier gibt er zwar zu, Fehler gemacht und viele Menschen enttäuscht zu haben. Das tue ihm leid. Aber sein Handeln sei legal gewesen, beteuert er immer wieder.

Weil der 45-Jährige Bilder und Filme nackter Kinder von einer kanadischen Firma bestellt hat, die mittlerweile von den Behörden geschlossen wurde, muss sich Edathy ab Februar in Niedersachsen vor Gericht verantworten. Ein Wort der Entschuldigung an die minderjährigen Opfer der Kinderpornofilm-Industrie findet Edathy nicht.

Stattdessen holt er vor der Presse und direkt im Anschluss als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss zum Gegenschlag aus. In einer eidesstattlichen Versicherung und mit dem Ausdruck von SMS-Korrespondenz mit führenden Sozialdemokraten bewaffnet, erhebt er Vorwürfe - vor allem gegen SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, seinen damaligen SPD-Vertrauten Michael Hartmann und den mittlerweile pensionierten Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke.

Das ist Sebastian Edathy
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Foto: dpa

Stellen sich Edathys Ausführungen vor der Presse und dem Untersuchungsausschuss als wahr heraus, wäre dies eine weitere Erkenntnis der beiden Auftritte Edathys: Ziercke informierte demnach von sich aus Edathys Parteifreund Hartmann über die zunächst drohenden und später laufenden Ermittlungen des BKA gegen Edathy als Kunde der kanadischen Kinderporno-Firma. "Ich bin laufend unterrichtet worden, wo die Akte sich befindet", sagte Edathy.

Über die Motive von Ziercke ließe sich dann nur rätseln. Warum sollte er damit riskieren, nicht nur seinen bis vor der Affäre unbefleckt guten Ruf als Chef-Ermittler Deutschlands zu ruinieren, sondern noch dazu die Karrieren von Hartmann und möglicherweise auch anderen führenden Sozialdemokraten wie Oppermann zu gefährden? Edathys Version unterstellt Ziercke, dass der als SPD-Mitglied zu einer Zeit der laufenden Koalitionsverhandlungen und späteren Regierungsverantwortung der Sozialdemokraten Schaden von der SPD habe abwenden wollen, weil die Partei vor Jahren bereits einen Kinderporno-Fall am Hals gehabt hatte.

Chronologie des Falles Edathy
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Foto: dpa, han jhe cul

Unterdessen wurde gestern Oppermann von Edathy gleich doppelt in Bedrängnis gebracht: Zum einen warf er dem heutigen SPD-Fraktionschef vor, im Februar die Öffentlichkeit falsch informiert zu haben. Und zum anderen soll Oppermann den Mitwisserkreis auf ein bis gestern mit der Affäre unbehelligtes Mitglied ausgeweitet haben: Oppermanns Büroleiter Heiner Staschen.

Noch am Abend wies Oppermann diese Vorwürfe zurück. "Ich habe mein Wissen über den Fall Edathy keinem meiner Mitarbeiter anvertraut", sagte er. In der SPD-Fraktion hieß es mit Blick auf Edathys Pressekonferenz, der Auftritt sei "unglaubwürdig" gewesen.

Und so widersprach auch die Pressesprecherin des Landgerichts Verden einer Darstellung Edathys, wonach der zuständige Richter die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage angeboten habe. Der Antrag stamme von Edathys Verteidigern, sagte eine Gerichtssprecherin gestern. Der Antrag liege jetzt bei der Staatsanwaltschaft Hannover. Wenn die Antwort vorliege, werde die Kammer darüber entscheiden, erklärte die Sprecherin.

(jd)
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