Ein Beitrag von Volker Kauder Dreikönig und die Demokratie in Ägypten

Düsseldorf · An dem Fest der Heiligen Drei Könige gehen die Gedanken in diesem Jahr besonders nach Ägypten. Gerade an diesem Tag erinnern wir uns an den Satz in der Bibel: "Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter, und flieh nach Ägypten!" Mit diesen Worten wendet sich der Engel des Herrn nach dem Besuch der drei Könige an Joseph. In Ägypten findet die Heilige Familie vor den Häschern des Königs Herodes Zuflucht und Sicherheit.

 Volker Kauder ist Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Volker Kauder ist Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Foto: dapd, Oliver Lang

Ägypten erscheint in dieser Schilderung als ein Ort der Sicherheit. Wenn wir uns die Entwicklungen der vergangenen Monate oder gar Tage anschauen, müssen wir leider feststellen, dass das Land davon weit entfernt ist. Wir müssen uns über die Entwicklung in Ägypten Sorgen machen.

Mit Durchsuchungen werden Organisationen wie die Konrad-Adenauer-Stiftung unter Druck gesetzt. Ob in Ägypten die Demokratie wirklich siegt, ist unklar. Die Christen leben zum Teil in großer Gefahr.

Vor genau einem Jahr hatte ich Ägypten besucht. Anlass meiner Reise war der schreckliche Anschlag auf die Neujahrsmesse der Kopten in Alexandria, bei dem über 20 Menschen ums Leben kamen. Die Christen berichteten mir von einer zunehmenden Islamisierung der Gesellschaft und schilderten, wie die alltägliche Diskriminierung ihnen das Leben schwer machte.

Islamistische Kräfte im Aufwind

Nur wenige Tage später begannen die Proteste gegen das autokratische Mubarak-Regime. Wir sahen Bilder vom Tahrir-Platz, auf dem junge Leute für Freiheit und ein besseres Leben demonstrierten und bewegende Szenen als Christen sich während des Freitagsgebets schützend vor Muslime stellten und Muslime im Gegenzug Christen während einer Sonntagsmesse auf dem Platz schützten.

So ermutigend dieses Zusammenwirken von Muslimen und Christen in den Tagen der Revolution war, so schnell wurde nach dem Sturz Mubaraks deutlich, dass sich auch die islamistischen Kräfte im Aufwind fühlten. Sie hatten zwar nichts zum Umbruch beigetragen, wollten aber nun die Gunst der Stunde nutzen.

Insbesondere die Salafisten, deren Ziel es ist, Ägypten in einen islamischen Gottesstaat zu verwandeln und die sich dabei an den gesellschaftlichen Verhältnissen im siebten Jahrhundert orientieren, sind eine große Gefahr. Sie steckten hinter den Anschlägen auf Kirchen, die in den vergangenen Monaten zugenommen haben und haben sowohl religiöse Minderheiten als auch die säkularen Kräfte zu Feinden erklärt.

Vorboten der zunehmenden Gewalt

Viele Ägypter wurden von dem massiven Auftreten der Salafisten überrascht. Und so mischten sich bei meinem zweiten Besuch in Kairo im Mai des vergangenen Jahres bereits Hoffnungen und Sorgen bei meinen Gesprächspartnern.

Die Sorgen haben in den vergangenen Wochen noch zugenommen. Als im Oktober Sicherheitskräfte brutal gegen eine Demonstration vorgingen, mit der Kopten gegen zunehmende Übergriffe protestierten, wurde die Welt aufgeschreckt von den Bildern der Panzerfahrzeuge, die friedliche Demonstranten überrollten.

Sie waren die Vorboten der zunehmenden Gewalt, die bald auch die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz treffen würde. Dann erreichten uns nach Weihnachten die Meldungen, dass die Polizei auch in der Konrad-Adenauer-Stiftung eine Razzia durchgeführt hat.

In diesen Tagen finden nun auch die ersten freien Parlamentswahlen ihren Abschluss. Das starke Abschneiden der Islamisten, insbesondere die überraschende Stärke der Salafisten, ist beunruhigend.

Zugleich bleibt offen, inwieweit dieses frischgewählte Parlament überhaupt Einfluss auf die neu auszuarbeitende Verfassung haben wird. Ist die Armee, die seit dem Abgang Mubaraks die politische Kontrolle übernommen hat, zu einer Machtübergabe bereit oder droht eine Militärdiktatur? Sind die Durchsuchungen ein Vorzeichen?

Ziel ist ein demokratische Ägypten

Gemeinsam mit den europäischen Partnern versucht Deutschland, Ägypten in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen. Dabei wird es bleiben. Ziel ist ein demokratische Ägypten: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird darauf achten, dass die Anstrengungen nicht nachlassen.

Wir appellieren an die Verantwortung aller, die nach politischer Macht streben, einen freiheitlichen und toleranten Staat aufzubauen — ein Ägypten, in dem Muslime und Christen ihren gleichberechtigten Platz haben. Aber die Sorge wächst, dass sich die Hoffnung nicht erfüllt. Wir müssen alles tun, dass diese Hoffnung nicht stirbt, im Sinne der Christen in Ägypten, aber auch all seiner Bürger, die anderen Glaubens sind.

(csr)
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