Katrin Oertel und René Jahn planen neues Bündnis Ex-Pegida-Mitglieder: "Wir wollen uns nicht totspazieren"

Dresden · Nach heftigen internen Zerwürfnissen und dem Rückzug der halben Führungsriege steht das islamkritische "Pegida"-Bündnis vor der Spaltung. Kathrin Oertel und Mitglieder ihres Organisationsteams planen die Gründung eines neuen Bündnisses mit anderem Schwerpunkt.

Oertel und die Mitglieder ihres Organisationsteams wollen sich neu aufstellen.

Oertel und die Mitglieder ihres Organisationsteams wollen sich neu aufstellen.

Foto: dpa, abu hpl jhe

"Wir positionieren uns gerade neu", sagte Bernd-Volker Lincke am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit arbeite er gemeinsam mit Oertel an der Ausrichtung und Inhalten. Asylpolitik soll demnach in den Hintergrund rücken, stattdessen soll es künftig stärker um Themen wie innere Sicherheit und direkte Demokratie gehen.

"Wir wollen uns nicht totspazieren", sagte hingegen Pegida-Mitbegründer René Jahn am Donnerstag in Dresden. Man suche den Dialog mit der Politik und den Medien und wolle als Sprachrohr für die Sorgen und Nöte der Menschen dienen.

Das Interesse an dem neuen Verein sei bereits groß: "Bei uns wollen gefühlt 500 Leute mitmachen." Den neuen Namen verriet Jahn noch nicht, die Endung "gida" sei aber nicht vorgesehen. Demnächst werde man ein neues Positionspapier vorstellen: "Wir wollen die bürgerliche Mitte in Dresden erreichen." Die zurückgetretenen Pegida-Führungsleute haben für den 9. Februar in Dresden eine erste eigene Kundgebung angemeldet.
Nach Angaben der Stadt vom Donnerstag rechnen die Initiatoren mit bis zu 5000 Teilnehmern. In der Versammlungsanzeige gehe es um das Thema direkte Demokratie, hieß es.

Auch das neue Bündnis will zunächst montags in Dresden auf die Straße gehen. Der Rest des Organisationsteams kündigte im Internet an, seiner Linie treu bleiben zu wollen und auch weiterzumachen.

Jahn räumte Fehler bei Pegida ein: "Für uns war das ein Lernprozess." Die Medien hätten mit ihrer Berichterstattung der Bewegung Zulauf verschafft. Viele Teilnehmer hätten sich in der Berichterstattung nicht wiedergefunden und seien deshalb weiter zu den Pegida-Kundgebungen gegangen. Die "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" hatten zuletzt 17 000 Menschen auf die Straße gebracht.

Jahn, der im Namen der anderen vier ausgetretenen Vereinsmitglieder sprach, äußerte sich auch zur Neuausrichtung. "Wir gehen in Richtung direkte Demokratie." So strebe man zum Beispiel ein Volksbegehren zur Polizeireform an. Auch das Thema Zuwanderung werde eine Rolle spielen. Sorgen vor einer Islamisierung in Dresden habe er im Moment nicht.

Der verbliebene Teil von Pegida warf den Abtrünnigen am Donnerstag indirekt vor, sich von der Politik "kaufen zu lassen": "Wir stehen nach wie vor für unser 19 Punkte Programm. Wir lassen uns nicht kaufen und werden weiter laufen!", hieß es in einem Eintrag auf der Facebook-Seite von Pegida.

Sprecherin Oertel hatte am Mittwoch nur eine Woche nach dem Rücktritt von Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann ihr Amt niedergelegt. Bei dem Streit ging es vor allem um die Rolle von Bachmann, der zuvor über ein Foto mit "Hitler"-Bart und ausländerfeindliche Äußerungen auf Facebook gestolpert war.

"Damit kann ich mich nicht identifizieren, und diese Äußerungen entsprechen nicht meinem Gedankengut", erklärte Vereinsmitglied Bernd-Volker Lincke am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Ähnlich äußerte sich Jahn. Bachmann habe trotz seines Rückzuges weiter im Organisationsteam mitmischen wollen: "Wir waren der Meinung, dass das kontraproduktiv ist."

Der bisherige Vereinsvize widersprach auch Äußerungen, Oertel sei wegen einer Bedrohung ihrer Person zurückgetreten. Oertel sei eine starke Frau, die könne so etwas wegstecken, betonte Jahn. Außerdem habe man sie abgesichert.

Trotz des Streits bei der Dresdner Pegida planen die meisten lokalen Ableger der islamkritischen Bewegung keine Absagen ihrer Demonstrationen. Am Freitag will das Bündnis Legida, das Verfassungsschützer als rechtsradikaler einstufen, in Leipzig auf die Straße gehen.

In den nächsten Tagen sind zudem Demonstrationen in Frankfurt, Hannover, Braunschweig, Würzburg, Stralsund und Suhl geplant. Der rechtsgerichtete Ableger Kögida zieht sich dagegen aus Köln zurück. Stattdessen wolle man sich auf Düsseldorf konzentrieren, hieß es.

Sachsens Regierung kündigte am Donnerstag an, die Gesprächsangebote für Pegida-Demonstranten langfristig aufrechtzuerhalten. Der Dialog dürfe kein Strohfeuer sein, sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU).

(dpa)
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