Fall Dschaber al Bakr Die sächsische Justiz — ein Sicherheitsrisiko?

Meinung | Düsselodrf · Pleiten, Pech und Pannen – so lässt sich fast verharmlosend die Kette von Versäumnissen, Missverständnissen und Inkompetenz in der sächsischen Justiz bezeichnen, die jetzt mit dem Suizid des mutmaßlichen syrischen IS-Terroristen Dschaber al Bakr in der JVA Leipzig endete.

Dschaber al Bakr: Die sächsische Justiz — ein Sicherheitsrisiko?
Foto: AFP/ LKA Sachsen

Pleiten, Pech und Pannen — so lässt sich fast verharmlosend die Kette von Versäumnissen, Missverständnissen und Inkompetenz in der sächsischen Justiz bezeichnen, die jetzt mit dem Suizid des mutmaßlichen syrischen IS-Terroristen Dschaber al Bakr in der JVA Leipzig endete.

Es ist schon einmalig, wie die Polizei und Justizverwaltung in diesem angeblich so hervorragend aufgestellten Bundesland handelten. Da bereiten Geheimdienst und Verfassungsschutz fast vorbildlich die Festnahme eines offensichtlich hochgefährlichen IS-Terroristen vor, und dann lässt ihn die sächsische Polizei in einer dilettantischen Aktion entkommen. Die Observierer in Chemnitz, dem Aufenthaltsort des mutmaßlichen IS-Terroristen al Bakr, waren so auffällig, dass sie von Passanten fotografiert wurden. Zugleich fehlten Einsatzkräfte, um einen Mann zu verfolgen, der nach Auskunft der Polizei im Begriff stand, auf dem Berliner Flughafen ein Attentat zu verüben. Schließlich fing nicht die sächsische Polizei den verhinderten Attentäter, sondern drei syrische Landsleute.

"Üblicher Vandalismus"

Doch die Kette der vermeidbaren Behördenfehler war noch nicht zu Ende. Ausgerechnet ihren wichtigsten Gefangenen behandelte die sächsische Justiz wie einen gewöhnlichen Inhaftierten, bei dem sich angeblich nichts Außergewöhnliches ereignet hätte. Das ist mehr als erstaunlich. Al Bakr hatte in seiner Zelle die Lampe herausgerissen und die Steckdose beschädigt. "Üblichen Vandalismus", nannten das die Verantwortlichen der Justizvollzugsanstalt Leipzig.

Der Syrer wurde weder in eine besondere Zelle verlegt, in der ein Suizid praktisch unmöglich gewesen wäre, noch durch eine ständige Sitzwache kontrolliert. Das Gefängnis machte sich auch nicht die Mühe, einen Dolmetscher dauerhaft zu engagieren, obwohl nach Eingeständnis des Anstaltsleiters Rolf Jacob die Verständigung mit dem prominenten Häftling kaum möglich war.

Man fragt sich auch, warum die Staatsanwaltschaft Leipzig diesen Fall behielt, obwohl der Generalbundesanwalt in Karlsruhe die Sache völlig berechtigterweise schon an sich gezogen hatte. Die JVAs in Bruchsal und Stammheim, die schon seit Jahren Terroristen als Insassen hatten, wären dafür deutlich besser geeignet gewesen.

Die deutschen Sicherheitsbehörden und das Land selbst hat Glück gehabt, dass dieser mögliche Anschlag durch al Bakr verhindert wurde. Die Verdienste der Bundesbehörden sollen dabei nicht verkleinert werden. Aber bei solchen Anlässen ist es doch schwierig, offenbar weniger kompetenten Kräften wie der sächsischen Polizei das Feld zu überlassen. Es müssen Strukturen gefunden werden, dass auch die Bundespolizei den entscheidenden Zugriff allein vollziehen kann. Hier kommt der Föderalismus deutlich an seine Grenze. Denn er darf in Zeiten der akuten Bedrohung durch islamistischen Terror nicht zum Sicherheitsrisiko werden.

(kes)
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