Druck auf SPD-Fraktionschef Oppermann wächst Edathy bestreitet Existenz von Tippgebern

Berlin · Bislang hat sich der SPD-Politiker Edathy nur in sehr knappen Botschaften zu Wort gemeldet. Nun äußert er sich ausführlicher über die Kinderpornografie-Vorwürfe gegen ihn, weist Anschuldigungen zurück und greift die Ermittler scharf an. Unterdessen prüft FDP-Vize Wolfgang Kubicki eine Strafanzeige gegen SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann.

Druck auf SPD-Fraktionschef Oppermann wächst: Edathy bestreitet Existenz von Tippgebern
Foto: dpa, rje kno htf

Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy bestreitet, dass ihn jemand wegen der drohenden Kinderpornografie-Ermittlungen vorgewarnt habe. Er habe lediglich auf Presseberichte reagiert, sagte Edathy dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" mit Blick auf frühe Nachfragen seines Anwalts bei verschiedenen Behörden.

Edathy wehrte sich auch gegen den Vorwurf, er habe vor der Hausdurchsuchung bei ihm Beweismaterial vernichtet. Das Vorgehen der zuständigen Staatsanwaltschaft Hannover bezeichnete er als "ungeheuerlich".

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Edathy wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie und hatte vor einigen Tagen mehrere Wohnräume und Büros des Politikers durchsucht. Am vergangenen Freitag gab die Behörde erstmals und ausführlich Details zu den Ermittlungen bekannt.

Die Staatsanwaltschaft beklagte dabei angesichts der Aktivitäten von Edathys Anwalt, dass der Politiker bereits seit November mit einem Verfahren rechnete. Die Ermittler seien deshalb "hoffnungslos in der Hinterhand" gewesen.

Die SPD-Spitze war bereits seit Oktober informiert, dass der Name Edathy bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht war. Im Raum steht nun die Frage, ob Edathy vorab einen Tipp bekommen haben könnte.

Der Ex-Abgeordnete wies das zurück und erklärte, Presseberichte hätten ihn aufmerksam gemacht. Mitte November 2013 hätten deutsche Medien berichtet, dass eine Firma in Kanada von dortigen Behörden der Verbreitung illegalen Materials bezichtigt werde.

Scharfe Kritik an der Staatsanwaltschaft

"Da mir erinnerlich war, bei einer kanadischen Firma, um die es mutmaßlich ging, vor etlichen Jahren Material bezogen zu haben, das ich für eindeutig legal halte, habe ich einen Anwalt um Beratung gebeten." Dieser habe daraufhin "präventiv mit verschiedenen Behörden im Bundesgebiet Kontakt aufgenommen, um für den Eventualfall vollständige Kooperationsbereitschaft anzubieten".

Edathy wehrte sich auch gegen Anschuldigungen, er habe vor der Durchsuchung seiner Privatwohnung Beweismaterial zerstört. "Diese Behauptung weise ich zurück", sagte er. "Ich halte es für irritierend, aus der Tatsache, dass die Maßnahmen der Staatsanwaltschaft offenkundig nicht dazu geführt haben, mich rechtlich zu belasten, die Schlussfolgerung zu ziehen, ich hätte belastendes Material vernichtet. So wird die Unschuldsvermutung ad absurdum geführt."

Das Agieren der Staatsanwaltschaft Hannover kritisierte Edathy scharf: "Sie wirft mir ausdrücklich kein strafbares Verhalten vor, was sie aber nicht davon abhält, Details eines legalen Verhaltens zum Gegenstand einer Pressekonferenz zu machen." Er erwarte keine Besserstellung gegenüber anderen Bürgern, "aber ebenso keine Schlechterstellung", sagte der frühere Parlamentarier. "Die Staatsanwaltschaft hat sich völlig verrannt."

Laschet fordert eidesstattliche Erklärungen

Nach dem CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl forderte auch CDU-Vize Armin Laschet eidesstattliche Erklärungen von den beteiligten Sozialdemokraten. "Eidesstattlich müssen alle SPD-Politiker, die eingeweiht waren, dass ihr damaliger Kollege Bilder nackter Jungen bestellte, erklären, dass sie den Verdächtigen nicht vorgewarnt haben", forderte Laschet in der "Welt am Sonntag".

Es müsse ernsthaft aufgeklärt werden, wer außer der SPD-Führungsriege - Fraktionschef Thomas Oppermann, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Parteichef Sigmar Gabriel und Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht - noch Bescheid gewusst habe.

Gabriel, Oppermann und Steinmeier wussten seit dem vergangenen Oktober, dass der Name Edathy bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht war. Lambrecht wurde im Dezember eingeweiht. Sie hatte vor wenigen Tagen gesagt, sie wisse persönlich nichts über den Grund des Ermittlungsverfahrens gegen Edathy.

Laschet griff die SPD-Politikerin deshalb scharf an und warf ihr vor, gelogen zu haben. Nach Bekanntwerden des Skandals habe sie "Erschütterung und Überraschtheit" nur vorgespielt. Ihn stoße das zutiefst ab.

Kubicki prüft Strafanzeige

Der Vize-Vorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, hat ein Ermittlungsverfahren auch gegen SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann gefordert. Er selbst werde eine Strafanzeige gegen Oppermann prüfen, sagte Kubicki der "Nordwest-Zeitung" vom Samstag.

Oppermann habe mitgeteilt, "wie einfach es ist, einfach zum Telefon zu greifen, den Chef des Bundeskriminalamtes (BKA) anzurufen und von ihm geheime Informationen zu erhalten". Oppermann habe sich damit strafbar gemacht, sagte Kubicki: Er habe BKA-Chef Jörg Ziercke angestiftet, Dienstgeheimnisse zu offenbaren.

Auch gegen Ziercke müsse die Staatsanwaltschaft ermitteln, forderte Kubicki. Oppermann hatte sich nach eigenen Angaben in einem Telefonat mit Ziercke die Information bestätigen lassen, dass Edathys Name bei Ermittlungen im Ausland aufgetaucht sei.

Ziercke erklärte allerdings im Gegenzug, er habe sich die Darstellung von Oppermann in dem Telefonat "angehört, aber Herrn Oppermann diese weder bestätigt noch Informationen zum Sachverhalt mitgeteilt".

Linke will Fall im Bundestag diskutieren

Die Linke will die Affäre um Sebastian Edathy kommende Woche im Bundestag diskutieren. "Wir wollen eine aktuelle Debatte im Bundestag zum Zustand der Bundesregierung nach der Edathy-Affäre", sagte Fraktionsvize Klaus Ernst am Samstag "Spiegel online". Der Fraktionsvorstand wolle den Antrag am Montag offiziell beschließen.

Insbesondere will die Partei SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann ins Kreuzverhör nehmen. Ernst sagte, er erwarte, dass "Oppermann teilnimmt und dem Parlament erklärt, wie er dazu gekommen ist, einen BKA-Chef zum Geheimnisverrat anzustiften".

Oppermann steht in der Kritik, weil er den Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, im Fall Edathy anrief, nachdem er und der damalige SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier von Parteichef Sigmar Gabriel informiert worden waren, dass der Name Sebastian Edathy im Zusammenhang mit Ermittlungen im Ausland aufgetaucht sei.

Ernst kritisiert Oppermann scharf: "Er ist Volljurist und wusste, was er tut." Weiter sagte der frühere Parteichef der Linken, er befürchte eine "ausgewachsene Regierungskrise".

(dpa)
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