Urteil des Bundesverfassungsgerichts Gremium zur Euro-Rettung verletzt Grundgesetz

Karlsruhe · Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat das EFSF-Sondergremium für überwiegend verfassungswidrig erklärt. Es verletzte die Rechte der Abgeordneten, hieß es in der Begründung. Der Bundestag müsse stärker an der Euro-Rettung beteiligt werden.

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Konkret ging es darum, ob ein neunköpfiges Sondergremium des Bundestages seine Arbeit aufnehmen darf. Es sollte in besonders eiligen oder vertraulichen Fällen anstelle des Bundestags-Plenums oder des Haushaltsausschusses Entscheidungen zum Rettungssschirm EFSF treffen. Die Teilnehmer des Gremiums wurden bereits aus dem Kreis der 41 Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestages gewählt. Es sollte aus fünf Parlamentariern von Union und FDP sowie vier aus der Opposition bestehen.

Eine Entscheidung durch das Gremium bleibt aber zulässig, soweit es um Ankäufe von Staatsanleihen auf dem Finanzmarkt geht. Bei solchen Maßnahmen sei es aus Gründen der Vertraulichkeit gerechtfertigt, wenn nicht der gesamte Bundestag, sondern nur ein kleines Gremium entscheidet.

Die Verfassungshüter begründeten ihre Absage an das Neuner-Gremium mit der "haushaltspolitischen Gesamtverantwortung des Bundestags". Abgeordnete könnten von dieser Verantwortung zwar zum Schutz anderer wichtiger Belange ausgeschlossen und deren Aufgaben auf Gremien übertragen werden. Diese Ausschüsse müssten aber immer ein "verkleinertes Abbild" des Bundestags sein und dessen politische Gewichtung widerspiegeln.

Klage zweier SPD-Abgeordneter

Geklagt hatten die SPD-Bundestagsabgeordneten Peter Danckert und Swen Schulz. Sie sehen sich durch das Neuner-Gremium in ihren Rechten als Parlamentarier verletzt. Das Verfassungsgericht hatte Ende Oktober 2011 per Eilbeschluss verhindert, dass das Gremium seine Arbeit aufnimmt.

Am Morgen noch hatte der klagende Swen Schulz im Deutschlandradio Kultur gesagt: "Das kann nicht Sinn und Zweck des Parlamentarismus sein, dass sozusagen nur pro forma da igrendwie Abgeordnete angehört werden und ansonsten alles genauso gemacht wird, wie die Bundesregierung das will. Das ist etwas anderes als Demokratie."

Dass das Bundesverfassungsgericht gegen das EFSF-Sondergremium stimmt, war bereits absehbar. In der mündlichen Verhandlung Ende November zeigte der Zweite Senat unter Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle Skepsis gegen die Übertragung der Entscheidung auf wenige Abgeordnete. Zugleich aber wurde auch Verständnis für die Zwänge der Regierung in der Euro-Krise geäußert.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte die Regelung persönlich vor Gericht verteidigt mit den Worten: "Wir brauchen ein handlungsfähiges Instrumentarium, das auch in der Entscheidungsfindung noch einigermaßen Marktteilnehmer überzeugen kann." Der Minister hatte immer wieder betont, dass bestimmte Maßnahmen verpuffen könnten, weil die Märkte auf Ankündigungen bereits reagieren.

(das)
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