Neuer Chef im Wirtschaftsministerium Ein Adliger als Lückenbüßer

Düsseldorf (RPO). Jetzt ist es raus. CSU-General Karl-Theodor zu Guttenberg soll neuer Bundeswirtschaftsminister werden. Horst Seehofer gab am Vormittag seine Entscheidung bekannt. Er hat sich für seinen politischen Ziehsohn entschieden, auch wenn der in Wirtschaftsfragen kaum fachliche Qualifikationen vorzuweisen hat.

Der promovierter Jurist ist in Seehofers Augen ein "gewaltiges politisches Talent." In der CSU hat der erst 37-jährige Politiker eine Blitzkarriere hingelegt. Erst vor drei Monaten installierte Seehofer seinen Nachwuchsmann im Zuge seiner grundlegenden Kabinettsverjüngung als Generalsekretär. Nun stellte er ihn offiziell als seinen Kandidaten für den vakanten Posten im Wirtschaftsministerium vor. Bundespräsident Horst Köhler will Glos bereits am Dienstag die Entlassungsurkunde aushändigen und danach Karl-Theodor zu Guttenberg zum Minister ernennen, teilte das Bundespräsidialamt mit. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Alexander Dobrindt steigt zum Generalsekretär auf.

Als Partei-General hat sich Guttenberg erste Meriten erworben, pflegte allerdings einen deutlich moderateren Ton als sein Vorgänger Markus Söder. Er hat eine schnelle Auffassungsgabe, kann unfallfrei sprechen und hat auch als Jungspund im Berliner Betrieb das nötige Selbstbewusstsein, um seine Anliegen vorantreiben zu können. Guttenberg ist mit 37 der jüngste Wirtschaftsminister in der Geschichte der Bundesrepublik.

Chef im Betrieb für Trockenbau

Dass es nun ausgerechnet die Wirtschaftspolitik ist, mit der er sich in den nächsten Monaten intensiv auseinandersetzen wird, ist nicht ohne Ironie. Sein Steckenpferd ist die Außenpolitik. Auf internationalen Konferenzen und bei Auftritten im Weißen Haus soll er eine glänzende Figur gemacht haben. Gelegentlich mischte er sich auch mit unkonventionellen Positionen in die Debatten über Afghanistan oder den Kosovo ein.

Nun aber wird er Wirtschaftsminister. Immerhin Guttenbergs bisherige Berührungspunkte sind übersichtlich. Vorübergehend war er in der Geschäftsführung der Guttenberg GmbH in München und Berlin tätig, einem familieneigenen Betrieb für Trockenbau und Isoliertechnik. Sechs Jahre saß er im Aufsichtsrat der Rhön-Klinikum AG.

Bei der Opposition löste die Personalie Guttenbergs böse Kritk aus. Der stellvertretende Vorsitzende der Linken-.Fraktion , Klaus Ernst, sagte es gebe nichts, was Guttenberg für die Übernahme des Amtes qualifiziere. "In dieser Regierung gehen Personalquerelen vor Fachkompetenz", so sein Urteil.

Diplomat statt Krawallo

FDP-Fraktionsvize Rainer Brüderle bezeichnete die Entscheidung für Guttenberg als "eine Art Notlösung". "In der Wirtschaftspolitik hat er sich bisher nie hervorgetan", sagte er und fügte hinzu: "Offenbar genügt es der Union, dass man lesen und schreiben kann, um Wirtschaftsminister zu werden."

Kenner glauben aber, dass Guttenberg das Wirtschaftsressort besser liegt als sein bisheriges. Guttenberg ist Diplomat, kein Krawallo, so wie es das Amt eines Generalsekretärs gelegentlich erfordert. Schon bei seiner Berufung zum General zweifelten so manche an der Eignung Guttenbergs. Der Jung-Politiker ist gewissermaßen das Gegenstück zum bärbeißigen Michael Glos. Poltern im Bierzelt ist seine Sache nicht. Vielmehr spricht er so wie man es von einem Adeligen erwartet: ein scharfes, gestochenes Hochdeutsch.

Wenig reizvoller Posten

Das politische Einmaleins der Verhandlungen scheint er dennoch zu beherrschen. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge hatte Guttenberg seinem Ziehvater Seehofer Bedingungen diktiert: Er forderte einen Spitzenposten auch nach der Bundestagswahl. Hintergrund: Guttenberg sitzt auf einem Posten mit geringem Haltbarkeitsdatum Bis zur Bundestagswahl sind es gerade einmal sechs Monate. In so kurzer Zeit Akzente zu setzen, ist schwierig. Zudem gilt es als unwahrscheinlich, dass die CSU auch in der kommenden Legislaturperiode den Wirtschaftsminister stellen darf.

Der Düsseldorfer Politikwissenschaftler Ulrich von Alemann hält es für möglich, dass ein junger, dynamischer Mann dem Kabinett Merkel und der Union noch einmal Farbe verleihen kann. Guttenberg, der eigentlich Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jakob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg heißt, könnte auf dieses Anforderungsprofil durchaus zutreffen.

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