Fall Edathy Ein geöffneter Brief gibt Rätsel auf

Berlin · Der Fall Edathy ist voller Ungereimtheiten. Im Kern der Affäre steht der Verdacht, der Politiker könnte gewarnt worden sein. Edathy weist das vehement zurück. Doch der seltsame Weg eines Briefes der Staatsanwaltschaft Hannover an den Bundestag liefert reichlich Futter für Verschwörungstheorien.

Der Fall Sebastian Edathy - Antworten auf zentrale Fragen
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Foto: dpa, gam axs hpl fdt

Der Fall Edathy ist voller Ungereimtheiten. Im Kern der Affäre steht der Verdacht, der Politiker könnte gewarnt worden sein. Edathy weist das vehement zurück. Doch der seltsame Weg eines Briefes der Staatsanwaltschaft Hannover an den Bundestag liefert reichlich Futter für Verschwörungstheorien.

Neben den seit Tagen zahlreichen Fragen, wer wann was wusste und mit wem telefonierte, rückt am Montag ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Hannover zunehmend in den Fokus. Darin ging es um Sebastian Edathy, adressiert war er an Bundestagspräsident Norbert Lammert. Die Staatsanwaltschaft beantragte darin, die Immunität des Bundestagsabgeordneten Edathy aufzuheben.

Am Donnerstag, 6. Februar, verließ der Brief mit dem hochbrisanten Inhalt das Büro der Ermittler. Mit diesem Datum beginnt sich eine Merkwürdigkeit an die andere zu reihen.

  • Am Freitag, 7. Februar, einen Tag später, geht Edathys Mandatsverzicht beim Bundestag ein. Datiert ist sie ebenfalls auf den 6. Februar. Die Begründung für den Rücktritt: gesundheitliche Beschwerden.
  • Erst am Mittwoch, 12. Februar, soll das Schreiben in Lammerts Büro eingetroffen sein. Am Montag bestätigte der Sprecher des Bundestages, Ernst Hebeker, entsprechende Medienberichte. Über einem Postaufkleber der "Citipost" mit dem Aufdruck "Justizbehörden Hannover" und dem Datum "07.02.2014" sei ein weiterer mit dem Aufdruck der "PIN Mail AG" aufgeklebt worden, der das Datum "11.02.2014" trage.
  • Und mehr noch: Wie der Bundestag ebenfalls bestätigte, war der Brief unverschlossen. Das hatte bereits am Wochenende der "Spiegel" berichtet. Das Blatt zitierte einen Ermittler mit den Worten: "Wir gehen davon aus, dass irgendjemand den Brief abgegriffen hat."

Sechs Tage von einem Behördenapparat bis zu einem anderen? Möglich. Ein Politiker, der krank wird, kurz bevor Ermittlungen offiziell werden? Nicht auszuschließen. Ein versehentlich geöffneter Brief? Möglich. Aber alles zusammen in einem Fall? Selbst der Gutgläubigste wird Zweifel verspüren.

Schon ein anderer Zusammenhang ließ den Verdacht aufkommen, hier könnte möglicherweise mit zweierlei Maß gemessen worden sein. Schon im November soll Edathys Anwalt bei der Staatsanwaltschaft nachgefragt haben, ob da möglicherweise etwas gegen seinen Mandanten im Gange sei. Das aber ließ sich noch dadurch erklären, dass Edathy alarmiert war. Schließlich hatten Medien weltweit darüber berichtet, dass das kanadische Unternehmen, bei dem er sich schon seit Jahren schmuddeliges Material bestellt hatte, aufgeflogen war.

Plausible Erklärungen für den Gang des Briefs aus Hannover bleiben hingegen Mangelware. Die zeitliche Überschneidung zwischen Versanddatum und Edathys Rücktritt ist vielmehr bestes Futter für Verdächtigungen, Edathy könnte durch seine Kontakte in höchste politische Kreise eine Sonderbehandlung genossen haben. Medienberichten zufolge wussten von dem Brief nur wenige Eingeweihte, nämlich der Leiter der Staatsanwaltschaft selbst, dessen Sekretariat, ein Sachbearbeiter und die Pressesprecherin. Und dennoch sieht es so aus, als hätte jemand gezielt den Brief abgefangen.

Entsprechend zieht nun auch der Brief Ermittlungen nach sich. "Die Bundestagsverwaltung hat unverzüglich nach Eingang des Schreibens eine Kopie des Umschlags an die Staatsanwaltschaft Hannover mit der Bitte übermittelt, zur Aufklärung beizutragen", sagte der Sprecher. Er betonte auch, dass am Wochenende keine Post beim Bundestag angeliefert werde. Der "Spiegel" hatte gemutmaßt, der Brief habe womöglich übers Wochenende im Bundestag gelegen.

(dpa)
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