Schröder stellt Ländern Ultimatum "Ein gigantisches Ablenkungsmanöver"

Düsseldorf · Familienministerin Kristina Schröder setzt die Bundesländer beim Kita-Ausbau mit einem Ultimatum unter Druck. Die aber bewerten das als ein Ausweichmanöver, das vom Streit um das Betreuungsgeld abzulenken soll.

2012: Das sagen unsere Leser zum Betreuungsgeld
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Foto: dpa, Jörg Carstensen

Die Frist von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) gilt bis zum 30. September. Bis zu diesem Stichtag sollen die Länder mindestens 90 Prozent der Mittel dafür verbindlich beantragt haben, sonst wird das Geld an andere Länder vergeben. Sie habe alle zuständigen Landesminister angeschrieben und ihnen diese Frist gesetzt, sagte Schröder der "Welt am Sonntag".

Von August 2013 an gibt es für unter Dreijährige einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Schröder kritisierte, dass mehrere Länder das bereitstehende Geld des Bundes dafür noch nicht voll ausgeschöpft haben. So hätten etwa Baden-Württemberg, Bremen und Nordrhein-Westfalen zusammen noch fast 150 Millionen Euro Bundesgelder nicht beantragt. Der Bund stellt den Ländern zwischen 2009 und 2013 insgesamt vier Milliarden Euro zur Verfügung.

Mit Blick auf die Einigung bei einem Bund-Länder-Spitzentreffen zum Fiskalpakt am Sonntagabend im Kanzleramt machte Schröder in einer Stellungnahme deutlich, dass "ein großer Schritt hin zur Erfüllung des Rechtsanspruches auf einen Kita-Platz ab August 2013" getan sei.

"Mit den heute vereinbarten 580 Millionen Euro Baugeldern und den jährlich 75 Millionen Euro Betriebskostenzuschüssen schließt der Bund praktisch die Finanzlücke, die wir vor einem Monat als Mehrbedarf gegenüber den Berechnungen von 2007 ermittelt hatten - nämlich 30 000 zusätzliche Plätze." Schröder bekräftigte: "Wir erwarten allerdings auch, dass die Länder jetzt noch einmal beim Tempo zulegen, denn das Geld für den bedarfsgerechten Kita-Ausbau ist jetzt ja da."

Der baden-württembergische Kultusstaatssekretär Frank Mentrup (SPD) nannte Schröders Kritik "ein gigantisches Ablenkungsmanöver". Allein von Januar bis Juni 2012 seien für Kita-Bauprojekte in seinem Bundesland neue Anträge in Höhe von 77 Millionen Euro eingegangen, sagte Mentrup der Nachrichtenagentur dpa. Im ganzen Jahr 2011 seien es lediglich 54 Millionen Euro gewesen.

Auch die nordrhein-westfälische Familienministerin Ute Schäfer (SPD) wies den Vorwurf Schröders zurück. Diese "unverhohlenen Drohungen" seien der "große Bluff einer Bundesfamilienministerin, die sich wegen des heillosen Betreuungsgeldchaos in die Defensive gedrängt sieht und jetzt blindlings um sich schlägt", sagte sie der Zeitung "Die Welt" (Montag). Nordrhein-Westfalen habe bereits alle Bundesmittel verteilt.

Das geplante Betreuungsgeld sorgte auch in der schwarz-gelben Koalition weiter für Spannungen. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) griff deswegen den FDP-Vorsitzenden an: "Mein Vertrauensverhältnis zu Philipp Rösler hat einen Kratzer bekommen", sagte Seehofer der "Bild am Sonntag". Nachdem die erste Lesung des Gesetzes geplatzt war, habe er Rösler eine Nachricht zukommen lassen, dass man in der Koalition nun enger zusammenrücken müsse. Wenig später habe er dann gehört, dass der Bundeswirtschaftsminister Nachverhandlungen beim Betreuungsgeld fordere. Das Verhältnis zwischen ihm und Rösler sei aber "reparabel".

Seehofer, der die Einführung des Betreuungsgeldes zur Bedingung für den Fortbestand der Koalition in Berlin erklärt, bekräftigte: "Wenn wir uns nicht mehr darauf verlassen können, dass Vereinbarungen eingehalten werden, ist es nicht gut bestellt um die Koalition." FDP-Fraktionsvize Martin Lindner warf Seehofer vor, die Leistung für Eltern, die ihre Kleinkinder zu Hause erziehen, "zu einer Glaubensfrage hochstilisiert" zu haben. Er forderte in der "Welt" (Samstag) die Parteivorsitzenden Angela Merkel, Seehofer und Rösler auf, die Sommerpause zu nutzen, "um einen vernünftigen Kompromiss zum Betreuungsgeld zu finden".

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Holger Zastrow hält die Einführung des Betreuungsgeldes für unumgänglich. Eine Vereinbarung im Nachhinein infrage zu stellen, sei keine gute partnerschaftliche Basis, sagte er der dpa. Vertragstreue dürfe allerdings keine Einbahnstraße sein. Er sprach eine Entlastung kleiner und mittlerer Privathaushalte an.

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig forderte die Koalition auf, die Reißleine zu ziehen und das Projekt zu stoppen. Die Bundesregierung wolle wider besseres Wissen und nur zur Wahrung des Koalitionsfriedens an der Einführung des Betreuungsgeldes festhalten, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa.

(dpa)
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